In der Reihe »Akzent – Bläsermusik virtuos« waren am Sonnabend Sabine Meyer und die Academy of St. Martin in the Fields zu Gast in der Dresdner Frauenkirche. Dabei könnte der Titel der Reihe Erwartungen wecken, ein Programm mit vorwiegend Bläserstücken und dabei explizit virtuose Werke zu hören zu bekommen. Bei anderen Konzerten mit Gästen wie Ludwig Güttler, Gábor Boldoczki oder Maurice Steger trifft dies auch zu, diesmal jedoch stand allein Mozarts Klarinettenkonzert im Zentrum, welches von zwei Stücken für Streichorchester und einer Haydn-Sinfonie umrahmt wurde.
Obwohl die Academy in verhältnismäßig kleiner Kammerbesetzung angereist war, konnte sie – leider im Altarraum spielend – die Feinheiten von Antonin Dvořáks Serenade op. 22 zu Beginn und Edward Elgars »Introduktion and Allegro für Streichorchester« op. 47 nach der Pause nur bedingt zur Entfaltung bringen. Zu sehr flossen die Streicherstimmen ineinander, aus denen sich oft nur die Konzertmeistervioline hervortat. Einzig in Dvořáks Larghetto konnte sich eine Schwebung einstellen. Daß es dem Orchester an Brillanz nicht fehlte, zeigte sich gerade in Passagen Elgars, nur leider konnte sie eben zu selten durchblinken.
Als Höhepunkt erwies sich das auch als solcher erwartete Klarinettenkonzert Wolfgang Amadeus Mozarts. Nun auch um die Bläser der Orchesterstimmen bereichert, welche sich leichter in die akustischen Gegebenheiten einfanden, bereitete vor allem Sabine Meyers Spiel ein sinnliches Vergnügen. Nicht vordergründige Virtuosität, sondern Ausdruck und musikalische Struktur waren die Eckpfeiler ihrer Interpretation, technische Anforderungen wie Sprünge oder Läufe erfüllte sie spielend. Fast schien es, als zöge sie das Werk immer ein wenig zurück, dämpfte es, mißtraute zu viel »Schmelz«. Sabine Meyer entwickelte gerade das traumwandlerische Adagio aus den Tiefen des Herzens und entlockte in den Ecksätzen ihrem Instrument ein an die menschliche Stimme erinnerndes Rufen. Mit Zurückhaltung auf die kleinen aber farbenprächtigen Glanzperlen bedacht zeigte sich die Academy of St. Martin in the Fields. So schien die Klarinettistin dem letzten Ton des ersten Satzes nachzuschauen, der sich langsam in die Höhe des Kirchenschiffes erhob.
Mit Joseph Haydns 45. Sinfonie, genannt »der Abschied«, schloß auch der Abend in der Frauenkirche. Gleich der erste Satz war ein Spiel der Motive, typisch für Haydns humorige Kompositionen. Dem musikalischen Vergnügen abträglich war allerdings – wie auch eingangs des Schlußsatzes – das enorme Tempo des Orchesters. Auch hier flossen die Stimmen wieder ineinander, so daß gerade einmal die Soli zu erkennen waren – wirklich zur Geltung kamen sie nicht. Abseits dieser raschen Sätze, im Adagio und Menuett, waren Leichtigkeit und Vergnügen allerdings vorhanden. Die bekannte Legende des »Abschiedes« wird zuweilen in den Konzerten inszeniert, wie von den Wiener Philharmonikern und Daniel Barenboim beim Neujahrskonzert vor einigen Jahren. Die Musiker der Academy of St. Martin in the Fields taten es ihnen gleich, verließen durch verschiedene Türen den Raum, bis nur noch ein kammermusikalisches Duo übrigblieb. Das Publikum klatschte sie zum Abschied wieder herbei.
13. September 2015, Wolfram Quellmalz
Jenen Musikfreunden, die auch gerne lesen, sei Christian Gaillys witziges »KV 622« ans Herz gelegt. Mozarts Klarinettenkonzert spielt hier, wie der Titel schon vermuten läßt, eine wichtige Rolle.