Fürstliches Vergnügen

Ensemble Fürsten-Musik in Graupa

Das Ensemble Fürsten-Musik um die Geigerin Anne Schumann wendet sich in diesem Jahr einem besonderen Mitglied des Sächsischen Hofes zu: Maria Antonia Walpurgis. Am 18. Juli (gestern) feierten wir ihren 300. Geburtstag. Die aus München stammende Wittelsbacher Prinzessin hatte Friedrich Christian von Sachsen geheiratet, jedoch ist die Kurfürstin als »Frau von« völlig unzureichend beschrieben, denn sie soll nicht nur das erste Bayrische Brauhaus in Dresden eröffnet haben, sie trat vor allem und ganz professionell als Malerin, Dichterin und vielseitige Musikerin in Erscheinung. Förderin und Mäzenin war sie selbstredend auch …

Anne Schumann schwärmt und staunt über die immense Notensammlung Maria Antonias, die erhalten geblieben ist. Die Kurfürstin hat nicht nur komponiert oder Texte geschrieben, die (auch) von anderen vertont wurden, sie sammelte, regte an, gab in Auftrag. Also wundert es nicht, wenn einige der Werke Widmungen an sie enthalten.

Am Sonntag konnten sich Konzertbesucher im Jagdschloß Graupe von der Reichhaltigkeit dieser Sammlung überzeugen, wobei hier nur ein kleiner Ausschnitt präsentiert mit Werken für kleine Besetzungen um ein oder zwei Violinen wurde. Selbstverständlich enthält das gesamte Konvolut auch Orchesterstücke und Bühnenwerke bzw. die Klavierauszüge dazu.

Den ersten Konzertteil spiele die Fürsten-Musik im Saal des Graupaer Jagdschlosses …, Photo: NMB

Daß manche Komponisten (fast) vergessen sind, ihre Lebensdaten oder Schreibweisen der Namen unbekannt, verloren oder nicht eindeutig, ist dabei nebensächlich – das Sichten, Suchen und Probieren macht nicht nur Spaß, es fördert immer wieder Überraschungen zutage. Und es gibt einen wertvollen Einblick, wie und was damals musiziert wurde.

So trat die Fürsten-Musik an diesem zentralen Ort der Richard-Wagner-Stätten Graupa-Pirna mit historischen Instrumenten bzw. Nachbauten an. Neben Anne Schumann und Caspar Erler (Violinen mit Darmsaiten) spielten Frank Pschichholz Barockgitarre und Theorbe sowie Klaus Voigt eine Viola da spalla, die mit einem Gurt um den Hals getragen wird. Das Instrument, größer als eine Viola, kleiner als ein Cello, verfügt über einen wandelbaren Klang, konnte mit dem Basso continuo verschmelzen oder mit dem Klang eines Violoncellos daraus hervortreten, wie zum Beispiel in einer Sonate für zwei Violinen und Basso continuo von Maximilian (bzw. Max III. Joseph), einem Wittelsbacher Verwandten. Das frohsinnige, rhythmisch betonte Werk durfte nach der Pause auf der Schloßterrasse erklingen, denn hierhin waren die Musiker aus dem Saal gewechselt.

… für den zweiten wechselte sie auf die Schloßterrasse, Photo: NMB

Und das mit gutem Ergebnis – selbst wenn man von einem »Wandelkonzert« bei einmaligem Ortswechsel vielleicht noch nicht sprechen kann. Aber die fürstliche Schloßterrasse, zwischen Rhododendren, kugelig geschnittenen Bäumen und unter Sonnendächern, erwies sich als akustisch noch reizvoller, vor allem aber als gediegener Ort, wo sich nicht nur Max III. Joseph Sonate, sondern auch eine von Wenceslaus Wodizcka (oder Václav Vodička) sowie ein äußerst reizvolles Duo für zwei Violinen von Johann Gottlieb Naumann (bzw. Giovanni Amadeus Nauman) entfalten durfte. Der berühmte Dresdner Kirchencompositeur hatte Maria Antonia Walpurgis‘ künstlerisches Streben ebenso unterstützt. Sein Duo begann mit einem innigen Un poco Adagio, dem Anne Schumann und Caspar Erler über das Allegretto bis zum Presto eine feinsinnig gesteigerte Virtuosität nachfolgen ließen.

Eine dem fürstlichen Salon gemäße Überhöhung erfuhr das Konzert durch drei von Maria Skiba vorgetragene Arien, wobei hier die Kurfürstin als Komponistin und Dichterin in Erscheinung trat: »Quanto é felice un cor costante« (Wie glücklich ist ein beständiges Herz) hatte sie selbst als Lob der Treue und Liebe geschrieben, von Giovanni Battista Ferrandini folgte kurz darauf (noch im Saal) »No non vedrete mai« (Nein, Du wirst es nie sehen bzw. entdecken). Maria Skiba milderte manchen Ausdruck mit weich gerundeten Konturen, konnte aber ebenso mit dramatischen Ausbrüchen – natürlich dem angemessenen Salonmaß folgend – betonen.

Das eine oder andere Stück rief Erinnerungen bzw. Assoziationen wach. So eine Sonate Giovanni Battista Lampugnanis, an deren bedächtigem Adagio Boccherinis »Madrider Nachtwache« (aus dem Quintett C-Dur) vorbeizuziehen schien. Ferrandinis Arie wiederum hatte zumindest ein Hauch von Händel innegewohnt.

Daß Maria Antonia Walpurgis auch als Dichterin ernstgenommen wurde, dokumentieren nicht nur Aussagen über sie – ihr Geburtstagsgedicht für die Schwiegermutter wurde gleich mehrfach vertont. Neben Johann Adolph Hasse hatte sich Pietro Bizzarri des Textes »Il tuo amore é mio contendo« (Die Liebe ist eine Herausforderung – Maria Antonio blieb ihren Themen also treu) angenommen. Die Fassung des »bizarren Peter« (der Name läßt sich heute einem Spion, aber keinem Komponisten sicher zuordnen) ließ diese Herausforderung jedoch fröhlich klingen.

15. Juli 2024, Wolfram Quellmalz

Das Ensemble Fürsten-Musik widmet sich in den kommenden Monaten noch mehrfach der Kurfürstin Maria Antonia Walpurgis. Das nächste Konzert gibt es im Rahmen der Alten Musik in Leubnitz am 28. August in der Kirche Leubnitz-Neuostra.

Ensembles

https://www.musik-in-leubnitz.de/veranstaltungen/aktuelle-veranstaltungen.html

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