Junges Ensemble Dresden in der Kreuzvesper
Hochwertige Chormusik mit Laiensängern mit Musik von der Renaissance bis in die Gegenwart, das schreiben sich viele Ensemble auf die Fahnen, selbst in Dresden findet man eine ganze Reihe Chöre, auf welche diese Beschreibung paßt. Doch das Junge Ensemble Dresden (JED) hat sich nicht nur mit seinen ansprechenden Programmen und der Qualität der Darbietung einen Namen gemacht, sondern mit einem ausgewiesenen Osteuropaschwerpunkt. Fast jährlich stehen Konzertreisen im Programm, die bisher nach Belarus, Litauen und Lettland, Polen, in die Ukraine, nach Georgien, Rußland und Bulgarien führten. Außerdem begrüßte das JED Partnerchöre aus Weirußland, Lettland und Tschechien in Dresden. Daß sie am Sonnabend Werke slowenischer Komponisten in ihrem Programm für die Kreuzvesper ausgewählt hatten, war weder Zufall noch ein willkürlich gegriffener Farbtupfer, sondern ein Ausblick auf die Chorfahrt in diesem Jahr in Richtung Südost.
So erklang nach dem Einzug in der Kreuzkirche zunächst »Acclamatio« des 1967 geborenen Damijan Močnik. Ein Werk, daß sofort gefangennahm mit einer eigentümlichen Harmonik und Klangfarbe. Denn es begann mit einem spröden Rhythmus, jede Silbe betonend, sich aber bald fließend aufschwingend, bis erneut ein flammender Rhythmus die Oberhand gewann. Wiederholungen der Verszeilen wandten sich danach ganz dem Erlöser Jesus Christus zu.
Gegenüber bzw. zwischen die slowenischen Lieder hatte Ensembleleiter Robert Schad nicht nur deutsche, sondern dezidiert sächsische Komponisten ausgewählt, darunter solche, die einst in der Kreuzkirche tätig gewesen waren. So gab es – wie in der Vorwoche – eine Wiederbegegnung mit Gottfried August Homilius, aber auch mit Andreas Hammerschmidt, dessen »O barmherziger Vater« aus den Musikalischer Andachten (1641), hingebungsvoll vorgetragen, das Programm fortsetzte. Mit »Kot po mrzli studenčini« (»Wie sich der durstige Hirsch« bzw. »Wie der Hirsch schreit«, aus Psalm 42) des Franziskanerpaters und Komponisten Hugolin Sattner folgte ein Werk der slowenischen Romantik, das in der Folge Mendelssohns zu stehen schien. Der warm strömende Klang wurde durch die Geschlossenheit der Sänger getragen, immerhin um die 35 gehören zum JED.

Sie verliehen Jacobus Gallus‘ »Beati estis« (Selig seid ihr) einen lebendigen Impuls und hatten in einem weiteren Werk von Damijan Močnik, »Verbum supernum prodiens« (»Das allerhöchste Wort«) mit seinen reichen Obertönen einen Text ausgewählt, der auf den Sonntag Sexagesimae, an dem das Wort Gottes im Mittelpunkt steht, verwies. Pfarrer Holger Milkau nahm den Faden später im Wort zum Sonntag auf, sowohl die unbekannten Komponisten und die Einladung zu einer Entdeckungsreise nach Südost betreffend, als auch in bezug auf das Wort Gottes.
Zunächst sorgte der ehemalige Kruzianer Anton Matthes mit Jehan Alains Deuxiéme Fantaisie an der großen Jehmlich-Orgel für aufhorchen und für eine weitere Horizonterweiterung. Denn das mit einem ruhigen Dialog aus Rede und Gegenrede beginnende Stück entwickelte eine verblüffende Expressivität, auch hier wurde die »Rede« sozusagen flammend, verlor sich aber nicht ins schiere argumentieren, sondern fand in einen musikalisch beruhigten, geradezu dämmernden Schlußteil.
Daß »Schaffe in mir, Gott, ein reines Herz« aus den Sechsstimmige Fest- und Zeitandachten von Andreas Hammerschmidt nach Wochenfrist gleich noch einmal auf dem Programm stand, erfreute war kein Jota nachteilig, vor allem nicht eintönig oder langweilig. Schon deshalb nicht, weil Hammerschmidts Kompositionen oft etwas sehr Aufrüttelndes, Angreifendes, Berührendes haben. Hier waren Text und Melodie zu einer Synthese geführt, der »freudige Geist« der letzten Zeile auch mit besonderer Freude hervorgehoben.
Doch nicht nur die emotionale Ausdeutung lag Robert Schad und dem JED am Herzen, bei Felix Mendelssohns »Jauchzet dem Herrn, alle Welt« hoben sie die Verse durch Pausen und genaue Textbetonung hervor. Das »Ehre sei dem Vater« am Ende gewann stetig an Leuchtkraft.
Das schönste, kräftigste und vielleicht fröhlichste »Amen« der Vesper behielten sie Gottfried August Homilius‘ »Unser Vater in dem Himmel« vor.
23. Februar 2025, Wolfram Quellmalz
Am 31. Mai präsentiert das JED in der Kirche Weißer Hirsch ein Konzert mit Reisebericht.