Podium Korrepetition im Konzertsaal der Dresdner Musikhochschule
In den Klassenabenden der Musikpodien an der Musikhochschule präsentieren sich meist Studenten einer Klasse mit ihrem Instrument – Violine, Viola, Flöte … Manchmal gibt es jedoch eine bunte Vielfalt, wie am Donnerstag im Konzertsaal der HfM, denn da gehörte das Podium den Korrepetitoren, die am Klavier ganz verschiedene Instrumente begleiteten. Sie ersetzen dabei ein ganzes Orchester, müssen also in die Rolle von Horn, Flöte oder Trommel schlüpfen, sie sind es auch, die mit den Solisten, ob instrumental oder im Gesang, die Stücke erarbeiten. Meist sind sie als Assistenten die recht und linke Hand des Professors und vereinen in sich Musikwissenschaftler, Dirigenten und Multiinstrumentalisten und führen die Studenten auf den rechten Weg. Sie müssen also nicht nur die Noten kennen und spielen, sondern alles über ein Werk wissen, incl. Entstehung und Notenfassungen.
Andreas Hecker kennen wir als flexiblen Begleiter, aus Kammerabenden der Sächsischen Staatskapelle wie der Dresdner Philharmonie, am Klavier genauso wie am Cembalo. Am Donnerstag standen neun Studentinnen und Studenten seiner Klasse im Mittelpunkt. Man konnte es zwar als ein wenig ungerecht empfinden, daß meist der Partner oder Solist vor ihnen stand und die Aufmerksamkeit des Publikums zuerst beanspruchte, aber schon das erste Werk, Max Bruchs Acht Stücke Opus 83, war ein Beispiel für die innige Verbundenheit, die es braucht, damit ein Werk gemeinsam zum Leben erweckt wird – der Solist oder die führende Stimme allein vermag dies eindeutig nicht.

In vier Beispielen fanden Jimin Oh (Klavier), Sehyeon Kim (Klarinette) und Benjamin Shofman (Viola) zu einem geschmeidigen Trio, bei dem besonders der schöne Ton bzw. Ansatz der Klarinette im »Nachtgesang« betörte, aber eben nicht allein – entscheidend war die Geschlossenheit des Trios, in dem auch zauberhafte Momente entstanden, wenn Viola und Klarinette untrennbar zu einem Klang verschmolzen.
Nach den Stücken in Originalbesetzung durften die Korrepetitoren in die Rolle des Orchesters schlüpfen. Joseph Haydns Cellokonzerte gehören ebenso wie Wolfgang Amadé Mozarts Konzerte zum Standardrepertoire, das Bewerber oder Wettbewerbsteilnehmer vorführen müssen – für die Repetitoren heißt das, das gleiche Stücke ohne Nachlassen der Spannung oft mehrmals hintereinander spielen zu können, worauf Andreas Heckers Begleittext hinwies. Diesmal genügte jedoch einmal: Reyhan Senyücel übernahm das Klavier-Orchester in Haydns C-Dur-Konzert (Violoncello: Anja Radjenovic), Li-Yu Chen die in Mozarts Oboenkonzert (Solist: Wataru Uchino).
Manche Stücke sorgten gerade im Klavierpart für Überraschungen oder dafür, den »Blick« einmal zu ändern, wenn das Orchester ersetzt wird. So zeigte sich Carl Nielsens Klarinettenkonzert nicht nur im modernsten Gewand an diesem Abend, es war auch jenes Stück, bei dem im Klavier die Trommel imitiert werden mußte. Eun Choi hatte dabei nicht weniger virtuos zu zaubern als Joohwan Oh (Klarinette). Verblüffend war vor allem, wie durch die Besetzungsänderung aus dem Konzertstück eine scheinbare Sonate wurde. Die Orchesterfuge, welche die Klarinette schließlich aufnimmt, trug zu diesen Eindruck bei.
Für eine andere Perspektivverschiebung sorgte kurz vor Schluß Mozarts Violinkonzert A-Dur, bei dem sie Orchesterstreicher im Rondeau mit schlagenden Bögen ein alla turca spielen. In diese Rolle schlüpfte nun Pavlina Gusheva, die mit ihrem Solisten (Leonardo Vasile) für einen der soueränsten Eindrücke sorgte.
Zuvor hatten ein Satz aus Franz Schuberts intime Sonate A-Dur mit Chih-Ling Yu (Klavier) und Hsuan Chen (mit feinem Anstrich auf der Violine) sowie Camille Sartre (Klavier) und noch einmal Anja Radjenovic (Francis Poulenc) die echte Sonatenwelt ausgeforscht.
Bläser und Streicher – die Korrepetitoren mußten sich auf verschiedene Klangwelten einstellen. Zum Mozart-Anteil gehörten außerdem ein Satz aus dem Flötenkonzert G-Dur (Klavier: Juyeon Chang, Flöte: Carla Saerens), während mit Johannes Brahms‘ großartigem Klarinettentrio a-Moll am Ende Max Bruchs Trio vom Anfang noch einmal eine dreieinige Geschlossenheit gegenüberstand. Zeling Shen (Klavier) übernahm darin jenen Part, den Brahms selbst gespielt hatte, während Yining Bian ihren besonders gesanglichen Klarinetteton mit dem des Violoncellos von Xintong Sun verband.
19. Dezember 2025, Wolfram Quellmalz
Nächstes Podium der HfM Dresden: Violaklasse (11. Januar), einen Tag früher gibt es ein Neujahrskonzert im Konzertsaal.