Europa traf Südamerika

Konzert der Elbland Philharmonie Sachsen

Auf dem Programm des 6. Philharmonischen Konzertes standen mit Beethoven und Bartók zwei Eckpfeiler europäischer Musikkultur, die allein schon annähernd 140 Jahre Musikgeschichte überspannen. Mit dem Konzert für Marimba und Streichorchester op. 12 von Ney Rosauro wurde das musikalische Dreieck um weitere 46 Jahre und mit dem Geburtsort des Komponisten Rio de Janeiro um den Südamerikanischen Kontinent erweitert.

Mit Béla Bartóks Divertimento für Streichorchester Sz 113, als zweites Werk im Auftrage Paul Sachers entstanden, eröffnete die Elbland Philharmonie am Sonnabend in der Marienkirche Pirna ein Konzert voll spannender musikalischer Farbtupfer. Bartók greift den Divertimento- oder auch Concerto-grosso-Gedanken zwar formal auf, spiegelt darin aber die Sprache des zwanzigsten Jahrhunderts und die Reibungspunkte der Geschichte wider. Auf die gleichmäße Abwechslung von Soli und Tutti wartet man vergebens, vielmehr entwickelt Bartók musikalische Strukturen. GMD Christian Voß kehrte schon zu Beginn gerade die dunklen Motive hervor und betonte ihren maßgeblichen Charakter, hob sie also über den Rang trübender Schleier oder Schatten hinaus. Helle und dunkle Farben gehörten zusammen, wie der Tag ohne die Nacht nicht existiert. Jegliche Lichtheit schien sich im zweiten Satz zu verflüchtigen, der als Trauermarsch aber dennoch Kraft und Vitalität besaß. Beeindruckend war die Homogenität des Orchesters, woraus sich schlank und klar Soli und Duette, vornehmlich der Violine und der Viola, erhoben.

Ney Rosauro hat sein Konzert 1986 auch aus praktischen Gründen geschrieben – für den Abschluß seines Diplomes im Fach Schlagwerk fand sich schlicht kein Werk in der gewünschten Besetzung. In klassischer Musik geschult, bereichert der Komponist selbige um Elemente der Musik seiner Heimat sowie anderer Genres, ohne diese aber nur zu mischen. Gerade die Mittelteile verraten viele klassische Wurzeln, dagegen sind die Ecksätze stark von südamerikanischen Rhythmen beeinflußt und geprägt. Die klassische Formensprache zeigt sich aber auch in einer auskomponierten Kadenz des vierten Satzes.

Stefan Köcher, seit 2006 Soloschlagzeuger der Elbland Philharmonie (bzw. des Radebeuler Orchesters) trat als Solist auf und verknüpfte geschickt virtuose und melodische Elemente. Denn vielfach führt die Marimba musikalische Themen ein oder übernimmt in Solopassagen erzählerische, ans gesangliche grenzende Aufgaben. Fast durchgehend wird sie mit vier Schlegeln gespielt, also zwei pro Hand, deren Öffnungswinkel (bzw. Griffweite) variieren. Um so schöner war, daß Stefan Köcher und Christian Voß den melodischen Ausdruck nicht zugunsten des virtuosen Anspruchs vernachlässigten. Darüber hinaus trat auch hier Konzertmeisterin Yoko Yamamura-Litsoukov als solistische Nebenstimme auf.

Für Beethovens zweite Sinfonie wurde das Orchester um einen großen Bläserapparat und Pauken erweitert. Zu Beginn etwas hakelig und bei den Blechbläsern nicht immer intonationssicher, entfesselte das Orchester Klanggewalt. Christian Voß gestaltete das Werk spannungsreich.

3. Mai 2015, Wolfram Quellmalz

Hinterlasse einen Kommentar