Silbermanns Pracht

Erstes Konzert des neuen Domorganisten Johannes Trümpler

Im Amt ist der gebürtige Saarländer schon seit dem 1. April, war in Gottesdiensten tätig, hat über den liturgischen Beitrag hinaus auch schon für die Mittagsmusik (jeweils Mittwochs und Sonnabends halb zwölf) Sorge getragen. Am Mittwoch nun gab Johannes Trümpler seinen Einstand im Rahmen des Dresdner Orgelzyklus‘. Monsignore Eberhard Prause hatte in seiner Begrüßung denn auch auf die »schöne und freundliche« Musik verwiesen, mit der der Organist zum Kirchenleben beiträgt.

Vergleicht man die Programme der drei Kirchen des Zyklus‘, so lassen sich bisher unterschiedliche Schwerpunkte ausmachen. Bach und Mendelssohn kann man in allen hören, darüber hinaus gibt es in der Kreuzkirche mit der Jehmlich-Orgel viele spätromantische und moderne Werke, während an der Kern-Orgel der Frauenkirche – einem Touristenmagneten – viele populäre und orgelsymphonische Werke, erklingt. (Hier war Johannes Trümpler bereits einmal im vergangenen Jahr zu erleben.) Das historische Silbermann-Instrument in der Hofkirche dagegen ist vor allem den »alten« Stücken von und vor Bach sowie seinen Zeitgenossen vorbehalten. Johannes Trümpler möchte sich künftig nicht mehr so stark festlegen und – als einer der drei Gestalter der Konzertreihe – auch solche Gäste einladen, die den Mut haben, zum Beispiel symphonische Werke auf der Silbermann-Orgel zu interpretieren.

Johannes Trümpler kam diesem Anspruch gleich selbst nach und hatte nur vier Werke auf sein Programm gesetzt, allesamt aber umfangreich, ausladend, mit reichen Entwicklungen und Variationen. Seine Orgel könne eigentlich alles, hat er in den ersten Monaten seiner Tätigkeit festgestellt, und scheute sich nicht, auch César Franck und Jehan Alain zu spielen.

Als »Entrée« hatte er dann aber doch Bach gewählt – um auch gleich tief und reich aus den Registern zu schöpfen. Die berühmte Passacaglia c-Mol BWV 582 ließ zunächst tiefste Bässe dräuen, aus denen sich sanfte Klänge erhoben, silbrig, perlend, Flötentöne und Vogelsingen, um sich langsam und mit großer Macht zu entfalten und zu strahlen. Schon hier fiel auf: Johannes Trümpler hat »Maß« genommen an Kirche und Instrument und donnert nicht einfach mit Wucht los. Auch im Nachhall noch konnte man genießen, wie Klang verhallt.

In allen Werken des Abends waren übrigens Singstimmen enthalten, in den folgenden sogar noch mehr, denn alle bezogen sich auf gesungenes: Franck auf einen (erfundenen) Choral, Alain auf »Litanies« und Flor Peeters auf ein altflämisches Volkslied. Dieses Singen ließ Johannes Trümpler prächtig anschwellen, überzeugte aber auch in der Gestaltung und wie er mit Leichtigkeit auch technisch anspruchsvolle Passagen meisterte. Die vielen Variationen erforderten ein ständiges Umregistrieren – das war Sport, auch für den Organistengehilfen, wenn zum Beispiel bei Jehan Alain Thema und Gegenthema in schneller Folge mehrfach wechselten. Oder bei Peeters, der einen Sturm entfachte, die Orgel als Räderwerk oder Maschine, vom Organisten angehalten, dann wieder losgelassen zum furiosen Schluß.

Silbermann kann also mehr als nur Bach und Sweelinck, Frohberger oder Böhm, vieles hängt vom Maß ab. Johannes Trümplers Programm war einfallsreich und sein Spiel farbenfroh, gewinnend. Man darf gespannt sein, wie er den Orgelzyklus künftig bereichert, aber auch darauf, wie »sein» Sweelinck oder Krebs klingt.

2. Juli 2015, Wolfram Quellmalz

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