Finale der Silbermann-Tage

Preisträger des XVI Internationalen Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerbes auch im Abschlußkonzert

(Wegen der vorrangigen Berichterstattung für die Tageszeitung erscheinen die Artikel zu den Silbermann-Tagen verspätet, sind aber ausführlicher.)

Am Sonntag fanden die 25. Silbermann-Tage im Freiberger Dom ihren Abschluß. Das Wochenende stand im Zeichen des Internationalen Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerbes und seiner Preisträger. Der Gewinner studiert in Leipzig.

Nach zwei Vorrunden hatten sich von 28 Teilnehmern fünf fürs Finale qualifiziert: Frederik Kranemann und Johannes Güdelhöfer (beide aus Deutschland), Ryan Chan (China), Andrej Romanov (Ukraine) sowie Kilian Homburg (Deutschland), so war die Reihenfolge der Auftritte gelost worden. Am Sonnabend spielten sie im Freiberger Mariendom, wobei man via Stream zuschauen konnte (das Video kann über die Seite der Silbermann-Gesellschaft weiterhin aufgerufen werden). Die Bildschirmperspektive ermöglichte Einblicke, wie es sie vor Ort nicht gibt, etwa die Fußarbeit der Organisten. Vor allem die Körpersprache verriet manches: auf der Orgelbank hockend und auf die Freigabe wartend erinnerte mancher ein wenig an Skispringer auf dem Schanzentisch – kein ganz unpassender Wettbewerbsvergleich. Was man bei Skispringern aber selten erlebt, ist ein rhythmisches Einstimmen mit der Hand vor Beginn oder ein Lächeln, wenn die Kandidaten – unabhängig vom abschließenden Ergebnis – mit der eigenen Darbietung zufrieden waren. Aber nicht nur sie hatten alle Hände (und Füße) voll zu tun. Vier Registranden hatte die Silbermann-Gesellschaft gestellt, um die Aufführungen zu unterstützen. Auch das verlangte einen sportlichen, präzisen und zuverlässigen Einsatz. Der Dank von Juryvorsitzender Bine Katrine Bryndorf war wohlbegründet!

Im Dom gab es dergleichen übrigens nicht zu sehen. Zwar sind dort Bildschirme aufgestellt, um zum Beispiel das Orgelspiel auch optisch verfolgen zu können, doch galt in der Finalrunde wieder das Gebot der Anonymität. Die Kandidaten gingen verdeckt oder verborgen zu den Orgeln. Eine spannende Frage war, wie sie mit der Freiheit und Pflicht der Programmgestaltung umgehen würden. Diese sollte das Motto der Silbermann-Tage »Bach und Silbermann« aufgreifen. Doch wie zwingend oder erkennbar wäre das?

Hin und wieder gab es gleiche Ideen. So hatten sich Johannes Güdelhöfer und Andrej Romanov für Zsigmond Szathmárys »Silberklang« entschieden. Der Ungarische Komponist war von der Silbermann-Orgel in Rötha inspiriert worden. Sein Werk hatte er für den Bach-Wettbewerb in Leipzig 2020 geschrieben. Der mußte damals zwar abgesagt werden, das aufregende, moderne und herausfordernde Stück hat aber Eingang in die Orgelliteratur gefunden. Eine überraschende Dualität war Felix Mendelssohns Ostinato c-Moll, das Johannes Güdelhöfer und Kilian Homburg ebenso im Programm hatten wie Johann Sebastian Bachs Passacaglia (BWV 582) – mit diesem prachtvollen Stück hatte man allerdings rechnen dürfen.

Ebenso mit Werken von Johann Ludwig Krebs, den der Thomaskantor selbst und sämtliche seiner Biographen als Bachs Lieblingsschüler bezeichnet haben. Ryan Chan spielte »Erbarm dich mein, oh Herre Gott« an der kleinen Silbermann-Orgel, Andrej Romanov ein Trio in Es à 2 Claviere è Pedale an der großen. Frederik Kranemann überraschte mit Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge in F BWV 540 – in der Fassung von Johann Tobias Krebs! Der war Vater von Johann Ludwig und ebenfalls (!) ein Schüler Johann Sebastian Bachs. Solche Stücke präsentierte Frederik Kranemann gleich mehrfach, schlug mit Nicolas de Grignys Dialogue sur les Grands Jeux gar eine Brücke zum Elsässischen Zweig der Familie Silbermann. Johann Sebastian Bach hatte de Grignys Kompositionen übrigens geschätzt. Mit Gustav Adolf Merkel (Satz aus der Orgelsonate Nr. 6) und Gottfried August Homilius (noch ein Bach-Schüler) hatte er außerdem Komponisten berücksichtigt, die einst in Dresden an Silbermann-Orgeln gespielt haben. Werke Homilius‘ hatten auch Ryan Chen und Kilian Homburg im Programm.

Die drei Preisträger der Internationalen Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerbes: Ryan Chan (2. Platz), Kilian Homburg (1. Platz) und Johannes Güdelhöfer (3. Platz), Photo: Silbermann-Gesellschaft

Die hohe Qualität und die Dichte des Teilnehmerfeldes erforderten letztlich einige Argumente – selbst bei einer ungeraden Zahl von Jurymitgliedern (neben Bine Katrine Bryndorf gehörten Els Biesemans, Pieter van Dijk, David Franke, Albrecht Koch, Jean-Baptiste Robin und Martin Strohäcker dazu) genügt das Auszählen nicht. Am Ende setzte sich Kilian Homburg, Student bei Martin Schmeding und Thomas Lennartz in Leipzig, mit einem so spannend wie souverän präsentierten Programm durch – Platz 1! Neben dem Preisgeld (7000,- Euro) erwarten ihn eine Reihe von Auftritten, unter anderem beim Heinrich Schütz Musikfest. In der Werkauswahl und dem Umgang mit den Instrumenten überzeugte auch Ryan Chan (Universität Hongkong), der neben dem zweiten Platz und 4000,- Euro Preisgeld Konzerteinladungen, unter anderen an die Dresdner Hofkirche, mitnehmen darf. Der dritte, mit 3000,- Euro Preisgeld dotierte Platz, ging an Johannes Güdelhöfer.

Vor dem Ende der Silbermann-Tage spielte David Franke am Sonnabend in der Stadtkirche Zschopau »Sounds like Bach« – damit hatten sich alle sieben Juroren in einem Konzert präsentiert. Die drei Preisträger waren am Sonntag noch einmal im Abschlußkonzert zu erleben, wo sie im Freiberger Dom mit den Thomanern auftraten – damit war Leipzig zumindest von Seiten der Musiker tonangebend.

11. September 2023, Wolfram Quellmalz

Die 26. Silbermann-Tage und der XVII Internationale Gottfried-Silbermann-Orgelwettbewerb finden im September 2025 statt.

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