Dresdner Kammerchor mit weihnachtlichem A-cappella-Konzert
Längst ist die Reihe ZentralVokal des Dresdner Kammerchores im Konzertkalender etabliert. Und so war der Raum im ZentralWerk Dresden auch am Dienstag – trotz frischer Temperaturen drinnen – gut besucht. Und das lohnte, schon deshalb, weil man an diesem Ort eine Entwicklung des Chores und seines Programms verfolgen kann, derzeit mit Dirigent Stefan Parkman. Dazu boten die Texte des Abends ebenso Vergleichsmöglichkeiten, wie es sich seit dem letzten Jahr von Termin zu Termin an diesem Ort nachvollziehen läßt.
Im Konzert erklangen traditionelle Werke und solche aus anderen, benachbarten Regionen – mittlerweile sind sie fast ebenso traditionell. »Es ist ein Ros entsprungen« gab es im ersten Teil gleich zweimal – zuerst im Satz von Michael Praetorius, etwas später dann in der Fassung von Jan Sandström, bei der sich der Chor zum summenden Klangkörper wandelte, während ein Solistenquartett von hinten den Text sang – einer der beeindruckendsten Momente des Abends!
Gehören Textverständlichkeit und Interpretationssicherheit seit langem zu den Vorzügen des Dresdner Kammerchores, kann man immer wieder bzw. gerade an diesem Ort mehr und mehr erleben, wie er einen Klang formt, so daß sich der Kulturraum zu wandeln scheint, zur Kirche wird.

Wie so oft standen sich im Programm Alte und Neue Musik gegenüber – gerade in der Chorliteratur passiert das häufig ohne Berührungskonflikte und mit Gewinn. Eric Whitacres »Lux aurumque« hatte für einen lichten Auftakt gesorgt – schon hier malte der Chorklang deutlich den Text aus, wandelte sich vom hellen Strahl zur »weichen Stimme«. Den vorläufigen Schlußpunkt an Musik setzte Ēriks Ešenvalds »Stars« nach einem Text der Dichterin Sara Teasdale, von sphärischen Glasharfenklängen (bzw. schwingenden Weingläsern) untermalt.
Zum Konzept von ZentralVokal gehört ein Lesungsteil, den seit einiger Zeit Tom Quaas übernommen hat. Mit seiner sonoren Erzählerstimme scheint er dafür prädestiniert, trug Rudolf Bunges »Weihnachtsstimmen« mit dramaturgischer Steigerung vor, gestaltete Angelus Silesius‘ »Ach, wann kommt die Zeit heran?« als Anrufung. Bei Sándor Márais »Dezember« schien es gar, als sei es sein – Tom Quaas‘ – Text. Hans Christian Andersens »Mädchen mit den Schwefelhölzern« hatte allerdings schon im vergangenen Jahr auf dem Programm gestanden, und Wilhelm Buschs leicht ironischer Ton von »Der Stern« war nach »Wie schön leuchtet der Morgenstern« (Gustav Schreck) vielleicht nicht glücklich platziert.
Musikalische Belebung bescherte unter anderem Heinrich Schütz, gerade in »Tröstet mein Volk«, später in »Ein Kind ist und geboren«. Stefan Parkman, der gerade Hans-Christoph Rademann vertritt, lockte immer wieder mehr Emotionalität hervor, womit er Achtungszeichen setzte (mitunter allein auf einem Wort wie »Zebaoth«). Manche Texte lebten von der sehr unterschiedlichen Ausleuchtung dieser Emotionalität, die einmal schlicht und ruhig verlief oder einzelne Zeilen herausstrich, zum Beispiel in Maurice Duruflés »Quatre motets sur des thêmes grégoriens« oder Francis Poulenc (O magnum mysterium).
Ein weiterer schöner und besonders gelungener Titel war Max Regers »Jesu, großer Wunderstern«, der mit seiner meditativen Ruhe fast schon als »Lebensempfehlung« aufgefaßt werden konnte. Wieder einmal sorgte der Chor für einen Klangsaum, während Johanna Jäger den Mittelteil solistisch ausleuchtete. Fast ohne Vibrato sorgte ihr Sopran für den Engelston im Lied. Die Zugabe, »Tochter Zion«, hätte kaum freudvoller klingen können.
6. Dezember 2023, Wolfram Quellmalz
Am 28. Dezember steht Heinrich Schütz‘ Weihnachtshistorie in der Annenkirche (Dirigent: Stefan Parkman) auf dem Programm des Dresdner Kammerchores. Das nächste Konzert von ZentralVokal findet im Februar statt.
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