Neues Klaviertrio Dresden mit vier neuen Werken

Vielleicht spiegelt sie sich hier und da, weil doch die Musik – wie jede der Künste – in irgendeiner Form auf ihre Umgebung, den Zeitgeist reflektiert. So war den Trios neben musikalischen oder mathematischen Strukturen vor allem eines gemein – Humor. Humor, der es gestattet, sich wesentlichen, kritischen, heiklen Punkten zu nähern, sie auszuklammern oder sie gelassen zu umspielen. Das vielleicht größte Plus des Neuen Klaviertrios Dresden liegt wohl in seiner unbeschwerten Leichtigkeit – eine grundlegende Komponente, wenn man sich unbekanntem nicht nur nähern, sondern es vermitteln will. Denn wie sollte man sonst damit umgehen, wenn Luboš Mrkvička über sein Trio for Violin, Cello and Piano sagt, das Prinzip der Kontraste habe für seine kompositorische Arbeit an Bedeutung verloren? Für die Interpreten ist es schließlich gerade wichtig, festzulegen, wie sie mit den Kontrasten umgehen, damit sie es mildern und weglassen, wenn Kontraste nicht dominant hervortreten sollen.
Tatsächlich war das Trio weder ohne Kontraste noch ohne Struktur. Im Gegenteil entstand vor den Ohren der Zuhörer eine Art musikalischer Matrix, ein Drei-mal-drei-Gebilde, das die drei Spieler und drei musikalische Ebenen immer wieder neu kombinierte, wobei das Material mit der Zeit vertraut wurde. Wie in einem mathematischen Permutationsverfahren hätte das vielleicht endlos weitergehen können, doch Uta-Maria Lempert, Matthias Lorenz und Clemens Hund-Göschel schlossen das Werk so punktgenau wie überraschend plötzlich ab.
Die in Dresden lebende Maline Euen hatte »Wärme umhüllt von Staubschwaden« nicht nur einen bildhaften Titel gegeben, sondern es zudem in szenische Abschnitte geteilt. Dabei traten die drei Instrumente allein und individuell im Gegenüber hervor, um später zu einem gemeinsamen Trioklang zu verschmelzen. Nahm man statt »Staub« sich wandelnde »Nebenschwaden«, ließen sich die auch einmal tänzerischen Szenen, die mit einem Schumann-Akkord dem Ende zustrebten (als spräche der Dichter aus den Kinderszenen), innerlich leicht bebildern.
Bilder bzw. die Bildenden Künste standen auch dem Klaviertrio von Alfred Holzhausen nahe, dem der Komponist Gerhard Richters »Seestück (bewölkt)« von 1969 im Werktext vage zuordnete, aber nicht konkretisiert. Höchst eigen ist seine Musik, obwohl sie vertraute Mittel nutzt: Das Zerlegen bzw. zusammensetzen von Klängen, die sich klar in Tonhöhe, Lautstärke oder Tempo (gemeinhin »Kontrasten«) unterscheiden. Versuchte man, »hinter das Bild zu hören«, zeigten sich mögliche Beziehungen von Impulsgebern und ihren Empfängern.
Peter Graham durfte den Abend mit seinem Trio beschließen, stieß aber mit einer Art Presto-Scherzo, das entfernt an Bartók erinnerte, zunächst etwas an. Ein dialogisches Prinzip stellte hier weniger die Instrumente als die Abschnitte gegenüber – auf Bartóks Nachklang folgte ein ruhiger Schumann-Tonraum (aber vielleicht schien das nur so, weil der Abschluß von Maline Euen noch im Kopf war). Ob nun Erinnerung oder nicht – daran war alles neu, incl. der Dudelsack-Harmonik zwischen den Streichern, das von der erregt auf einer Saite stehenden Violine beendet wurde. Für den stimmlichen Ausklang im Summton sorgte das Trio a cappella.
13. März 2024, Wolfram Quellmalz
Der nächste Termin mit Matthias Lorenz es schon am Sonntag, 11:00 Uhr im Dresden Festspielhaus Hellerau mit dem Ensemble Courage bei »Komponistin zum Frühstück« mit Werken von Elnaz Seyedi