Imposante Klänge

Kulturpalast als Schmelztiegel für die Dresdner Bläserphilharmonie, ein Percussion Ensemble und einen Projektchor

Die Dresdner Bläserphilharmonie gehört längst zu den regelmäßigen Gästen im Dresdner Kulturpalast. Oft schon brachte sie hierhin ihr ureigenstes Repertoire mit – philharmonische Werke für Bläser, oft keine Bearbeitungen, sondern Originale von Richard Strauss, Anton Bruckner oder Karel Husa. Nach der Pandemie hat das Orchester neue Formate erprobt. Mittlerweile teilt es das Jahr in »Tertiale«, ungefähr Jahresdrittel, in denen Projekte erarbeitet werden. Am Sonntag fand nach Konzerten in Bautzen und Liebenwerda an den Vortagen im Kulturpalast das Finale des ersten Tertials 2024, »Stabat Mater«, statt. Neben manchen Erst- gab es dabei eine Uraufführung.

Komponist Thiemo Kraass und Dirigent Andrea Barizza vor der Dresdner Bläserphilharmonie, Photo: Dresdner Bläserphilharmonie

Alle fünf Stücke waren von lebenden, teils anwesenden Komponisten geschrieben, gleich die ersten beiden explizit für das sechzehnköpfige Percussion Ensemble – die Bezeichnung entsprach nicht allein dem Aufgreifen eines Anglizismus‘, denn das Ensemble bot weit mehr als das, was man gemeinhin unter »Schlagwerk« versteht. Glocken, Pauken und Trommeln gehörten selbstredend dazu, aber eben auch sieben (!) Marimbaphone (in verschiedenen Ausführungen), dazu Rieselrohre und – ein Klavier. Schließlich werden beim Klavier die Saiten angeschlagen.

Gleich das erste Werk, Adam Bruce‘ »Golgatha« (deutsche Erstaufführung) verblüffte mit seinen klangmalerischen Eingebungen und zeigte die Vielfalt der Schlagwerke – Pardon! – Percussionsinstrumente. Denn Glocken oder Becken zum Beispiel muß man nicht immer anschlagen, man kann sie ebenso mit einem Bogen anstreichen. So begann »Golgatha« mit einem Summton, bei dem man erst einmal hören und schauen durfte, woher er denn kam. So etwas ist nicht zuletzt für junge Besucher interessant, die vielleicht ein Instrument lernen wollen – am Sonntag waren viele Familien mit Kindern da. Mit wiederkehrenden Glockentönen, dem Choral »Oh Haupt voll Blut und Wunden« und ausgeprägten Steigerungen hatte Adam Bruce zudem für thematische und erzählerische Bezüge in »Golgatha« gesorgt.

Dirigent Andrea Barizza, der die Dresdner Bläserphilharmonie seit einigen Jahren leitet, hatte auch in Jacob Remingtons »Thy Kingdom Come« reichlich Tonmaterial und Liedzitate zu ordnen. Dabei gelangen ihm prägnante Steigerungen ebenso wie feingliedrige, an eine Spieluhr erinnernde Passagen.

Der Projektchor (Orgelrang), das Percussion Ensemble und die Dresdner Bläserphilharmonie, Photo: Dresdner Bläserphilharmonie

Für Thiemo Kraas‘ »Frenzy« war ein großer Umbau der Bühne vonnöten, denn nun betrat die Dresdner Bläserphilharmonie das Podium. Ungewohnt: die Konzertmeisterin spielte den Stimmton selbst, statt ihn an die Oboe weiterzugeben – es ist ja ihr eigenes Instrument. Mit »Frenzy« hielten melodiöse Bläserqualitäten bis zum Lied »Last rose of summer« hervor. »Unease« von Luke Flynn erinnerte in seinem hellen Klangholz zu Beginn und dem folgenden vitalen Flimmern an Ravels Klavierkonzert G-Dur, wie dort gab es einen getragenen Mittelteil, von flinken Eckpassagen umrahmt.

Das umfangreichste und wichtigste Werk war nach der Pause das Stabat Mater von José Suñer Oriola (Uraufführung). Unterstützt von Orgel, Klaver und ein wenig Schlagwerk führten die Bläser unter Andrea Barizzas Leitung vor, daß auch sie »Stöße« anregen können – sanft von den Holzbläsern, feurig und kräftig im Blech. Beeindruckend war vor allem der riesige Projektchor (Einstudierung: Milko Kersten) – eben kein permanenter, sondern einer, der sich für diese Aufführung gefunden hat. Im Kern barg er einen Kammerchor mit Solostimmen, die gerade in langsamen Abschnitten wie »Sancta mater, istud agas« (Heilige Mutter, diese mache …) für die tiefsten Eindrücke sorgten. Das sonst aber mit viel Effekt gespickte Werk näherte sich manchmal Karl Jenkins oder erinnerte ein wenig an Carmina Burana – dann trat der übermächtige Klang gegenüber dem Text zu sehr in den Vordergrund.

11. März 2024, Wolfram Quellmalz

Das Konzert fand in Partnerschaft mit dem Sonnenstrahl e. V. statt, der Geld zur Unterstützung von krebskranken Kindern und Jugendlichen sammelt. Kommenden Freitag ist er mit seinem jährlichen Benefizkonzert in der Kreuzkirche zu Gast.

https://www.sonnenstrahl-ev.org

Das zweite Tertial der Dresdner Bläserphilharmonie widmet sich zwischen April und Juli dem Thema »Unsere Musik« und wird dem Publikum Wiederbegegnungen mit den schönsten Titeln der letzten Jahre, von »Porgy and Bess« bis »Three Klezmer Minatures« bieten.

https://www.dresdner-blaeserphilharmonie.de

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