Familiensache(n)

Sächsisches Mozartfest in der Kreuzkirche Chemnitz eröffnet

Unter dem Motto »WIRksamkeit« eröffnete am Freitag das 33. Sächsische Mozartfest (SMF) in der Kreuzkirche Chemnitz. Es möchte, wie Franz Wagner-Streuber, der Künstlerische Leiter, in seiner Eröffnung erinnerte, gerade in Zeiten, in denen gesellschaftliche Abgründe offenbar werden, ein Zeichen gegen Krieg und Krisen setzen. Sogar mehr als das – 64 Kinder und Jugendliche aus Lwiw (Lemberg), wohin schon vor Ausbruch des Ukraine-Krieges eine Partnerschaft entwickelt wurde, werden in diesen Tagen als Gäste erwartet.

100MOZARTKINDER, Photo: Sächsisches Mozartfest, © Wolfgang Schmidt

Zur »WIRksamkeit« gehört es auch, die nächsten in der Region einzubinden. Eigentlich bedarf es dann gar keiner Erläuterung mehr, wenn das Ensemble 100MOZARTKINDER wie am Freitag die ankommenden Besucher begrüßt. Zwischen Renaissance- und Filmmusik gehörte natürlich eine Instrumentalfassung von »Der Vogelfänger bin ich ja« aus Mozarts »Zauberflöte« zum Vorprogramm. Man darf davon ausgehen, daß viele der kommenden Konzerte auf die eine oder andere Weise begleitet werden.

100MOZARTKINDER, Photo: Sächsisches Mozartfest, © Wolfgang Schmidt

Zum Auftakt wandte sich das SMF der »Familienbande: Leopold, Wolfgang Amadé, Franz Xaver, Werke von drei Generationen Mozart« (Untertitel) zu, wobei Großvater und Sohn zunächst den Vortritt erhielten. Unter der Leitung von Reinhardt Goebel spielte das in jedem Jahr neu formierte Netzwerkorchester mit Musikern der Region zunächst Leopold Mozarts Sinfonie G-Dur, die sogenannte »Neue Lambacher«. Viel zu selten hört man solche Werke, denn der Kanon Leopold Mozarts wird häufig auf wenig mehr als sein Trompetenkonzert oder die Kindersinfonie reduziert, wobei die Urheberschaft der letzteren nicht einmal sicher geklärt ist. Die »Neue Lambacher« erwies sich nicht nur als erfrischende Gattungsbereicherung, sondern führte die Qualität von Orchester und Solobläsern vor. Musikantische Agilität und Kommunikation glichen Nachteile aus, die ein Projektorchester im Gegensatz zu einem ständig verbundenen Ensemble in der Vorbereitung zeitlich bedingt in Kauf nehmen muß, unter den Bläsern bereicherten gerade die Hörner (Katja Bourgreve und Thomas Maciej) in langen, wunderbar »leuchtenden« Passagen.

Aaron Pilsan (Klavier), Reinhard Goebel und das Netzwerkorchester, Photo: Sächsisches Mozartfest, © Wolfgang Schmidt

Solistische Glanzleistung gab es ebenso im zweiten Stück. Wobei Franz Xaver Wolfgang Mozart heute noch mehr als Großvater Leopold »nach hinten« gerückt scheint. Einerseits verständlich, ist das Erbe seines Vaters einfach übermächtig, andererseits unberechtigt – Mozarts Sohn wurde nicht nur als Pianist und Komponist, sondern auch als Musikerunternehmer geschätzt, zum Beispiel von Robert Schumann. In Lemberg, dem heutigen Lwiw, lebte und wirkte er (mit Unterbrechung) 30 Jahre. Sein zweites Klavierkonzert (das bekanntere), mehr als 50 Jahre nach der »Neuen Lambacher« entstanden, wirkt aufgrund der enormen Entwicklung, die sich in der Zeit der drei Mozartgenerationen vollzog, ungeheuer Modern. Mit Aaron Pilsan hatte das SMF aber auch einen feinsinnigen Experten gefunden, der das Opus 25 unmißverständlich in die romantische Epoche und die Nähe von Schumann oder Chopin rückte. Ohne herausgestellte Extravaganzen oder Kadenzen ließ Aaron Pilsan eine filigrane Brillanz und große Expressivität glänzen. Einen Schuß Extravaganz gab es aber als Zugabe, denn Mozarts »Türkischer Marsch« (aus der Sonate KV 331) erklang hier nicht im Original, sondern in einer Bearbeitung des türkischen Pianisten und Komponisten Fazıl Say.

Fast noch eine Extravaganz war das dritte Werk des Abends, Wolfgang Amadé Mozarts Gran Partita. Denn die Serenade erklang gleichfalls nicht im Original für zwölf Bläser und Kontrabaß, sondern als Sinfonia Concertante in einer zeitgenössischen Bearbeitung für Sinfonieorchester von Franz Gleißner. Mit einem großen Streicherapparat schien das Stück tatsächlich ungewohnt und gewachsen, Reinhard Goebel verlieh ihm aber – bis auf ein leider übereiltes Adagio – Bindung und Eleganz. Gerade das zweite Menuett und die folgende Romanza funkelten vor Esprit!

4. Mai 2024, Wolfram Quellmalz

Das Konzert wurde aufgezeichnet und am Sonntag auf MDR Kultur und MDR Klassik gesendet. Es kann in der Mediathek nachgehört werden.

33. Sächsisches Mozartfest, noch bis zum 20. Mai

https://mozart-sachsen.de/saechsisches-mozartfest/

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