Alte Musik im Kunstgewerbemuseum mit exotischem Instrumentarium
… Zymbal (ungarisch), manchmal sogar Cembalo, in der handlicheren Bauart Psalterium, ursprünglich aber Santur (Persisch) – die Namen für das Instrument, das einer großen Zither ähnelt, sind so vielfältig wie die Klänge, die es hervorzubringen mag. Meist werden die Saiten mit Klöppeln angeschlagen, sie können aber auch gezupft werden. Für Klöppel oder Schlägel wiederum gibt es – wie bei vielen Schlagwerkzeugen – unterschiedliche Bauformen, die bei einfachen Holzhämmerchen beginnen und verschiedene Dämpfungsmaterialien, wie Filz oder Leder, einschließen. Im Grunde also entspricht die Klangerzeugung in manchem der eines Hammerklaviers. Nur das dort (wie beim Cembalo) die Mechanik eine exakte Bewegung ausführt, während die Schlägel mit der Hand unterschiedlich geführt und sogar als Hämmerchen auf dem Rahmen eingesetzt werden können.

Enikö Ginzery und ihre Begleiterin Agnesa Ferienčiková am Cembalo führten am Sonnabend im zweiten der Konzerte der Reihe »Alte Musik im Kunstgewerbemuseum« (Schloß Pillnitz) in die Klangwelt des Cimbaloms, um einmal nicht nur im Hinblick auf die slawische Herkunft der beiden Künstlerinnen bei diesem Begriff zu bleiben – »Hackbrett« klingt ohnehin weder schön noch entspricht es dem, was musikalisch passiert. Denn »gehackt« wird hier kein bißchen, vielmehr mit Fingerspitzengefühl geschlagen und gezupft. Und das auf beiden Seiten bzw. Saiten, denn auch das Cembalo zupfte bekanntlich noch, bevor das Hammerklavier zu schlagen begann. Leider kamen die Besucher diesmal nicht in den Genuß des hauseigenen Instruments aus der Werkstatt von Johann Heinrich Gräbner. Der Grund war so simpel wie unumstößlich: das großartige Cembalo ist anders gestimmt als das Cimbalom von Enikö Ginzery, ein Umstimmen nicht möglich. Also mußte ein anderes Cembalo her und ward zum Glück bei der Dresdner Musikfreundin Dietlind Baumgarten gefunden. Übrigens einem Nachbau aus der Werkstatt Martin Schwabe (Leipzig), einem der führenden Cembalobauer unserer Tage – Mahan Esfahani spielt zum Beispiel auf seinen Instrumenten.
Die beiden Cimbaloms waren übrigens ebenso Nachbauten, wobei sich das kleinere sogar als das klangschönere erwies. Es kam einem kleinen Hammerflügel, der Harfe, dem Cembalo und der Zither nahe, wobei sich seine enorme Wandlungsfähigkeit nicht nur durch die Schlägel und deren Bezüge beeinflussen ließ, auch in der Tonhöhe gibt es Bereiche unterschiedlicher Charakteristik. So können die tiefen Saiten durchaus schnarren wie eine Maultrommel. Die Tabulatura Miscellanea war die erste von verschiedenen Notensammlungen, aus denen Enikö Ginzery und Agnesa Ferienčiková spielten, danach erforschte eine Suite von Jean-Baptiste Lully den reichen Klangkosmos der beiden Instrumente. Während sich bei letzterem höfische Zier, tänzerischer Rhythmus und orchestrale Fülle offenbarten, bot die erste Sammlung individuelle Stimmen, in die sich orientalische Erzähler einflochten. Zum Abschluß, dann aber auf dem Konzertcimbalom mit Pedal, erklang eine Auswahl aus der Linus-Sammlung, die italienische, ungarische, türkische, persische (und viele weitere) Musikstücke umfaßt. Deutsche, übrigens ganz explizit aus Sachsen und Dresden – die Musik war damals schon multikulturell, wie Enikö Ginzery feststellte. Nicht nur Nationalitäten, auch die Inhalte waren vielfältig und reichten vom »Eselschritt« bis zu einem andächtigen Maria mater gratiae (Maria, Mutter der Gnade).
In einer anonymen Variationsfolge der berühmten Folia und danach einer Suite von Georg Philipp Telemann durfte sich das größere Pedalcimbalom präsentieren. Sein deutlich kräftigerer Klang gewann dabei eine fast übergroße Dominanz und verlor etwas an reiner Schönheit, wobei die Stimmung zwischen dem Instrument und dem Cembalo auch nicht ideal war (beim kleineren Cimbalom deutlich besser). Beide Musikerinnen hatten außerdem Gelegenheit für solistische Beiträge – Agnesa Ferienčiková mit drei Sätzen aus Georg Friedrich Händels Suite g-Moll (HWV 432), Enikö Ginzery verband in zwei Liedbearbeitungen traditionelle und experimentelle Stilmittel.
9. Juni 2024, Wolfram Quellmalz
In zwei Wochen schon wird zum dritten und letzten Konzert des Jahres das Trio Flautissimo erwartet (22. Juni, 17:00 Uhr, Kunstgewerbemuseum Schloß Pillnitz).