Bilderstark

1. Sommerorgelkonzert in der Dresdner Versöhnungskirche

Wie in den letzten Jahren hat Kantorin Margret Leidenberger auch diesmal eine Sommerkonzertreihe an der Versöhnungskirche Striesen ins Leben gerufen. Waren dabei bisher manche Male (Laien)orchester beteiligt, konzentrieren sich die Konzerte in diesem Jahr auf die Orgel. Aber nicht nur, denn es gibt jeweils einen Partner oder eine thematische Korrespondenz. Zum Beginn am vergangenen Freitag waren dies die Bildenden Künste bzw. ganz explizit die Malerei.

Der erste Abend stand im Zeichen von Maria bzw. dem Lobgesang Marias. Dieser Lobgesang, das Magnificat und die Verkündigung durch den Erzengel Gabriel, wurde (und wird) in der Musikgeschichte immer wieder aufgegriffen und neu vertont. So hielt das Magnificat auch ohne vokalen Text Einzug in die Instrumental-, vor allem Orgelmusik. Für das erste Sommerorgelkonzert, zu dem Margret Leidenberger selbst Platz an der Jahn-Orgel nahm, hatte die Kantorin Magnificat-Vertonungen aus nahezu fünf Jahrhunderten ausgewählt.

Die Besucher empfing im Altarraum eine Leinwand, auf der es jedoch nicht die oben, verborgen am Spieltisch sitzende Organistin zu sehen gab, sondern Werke aus der Kunstgeschichte, welche Maria oder die Verkündigung darstellten. Zeitlich fügten sie sich ungefähr mit der Entstehung der Stücke, die jeweils erklangen. Also eine Zeitreise, noch in den Tonarten bzw. Modi, denn zumindest die ersten beiden Orgelstücke, Antonio de Cabezóns Magnificat quarti toni und Heinrich Scheidemanns Magnificat 2. Toni, waren noch den alten Kirchentonarten (hypophrygisch und hypodorisch) gefolgt. Nicht nur die Instrumente, auf denen Cabezón und Scheidemann gespielt hatten, waren individuell verschieden von der romantischen Jahn-Orgel, auch ihre damalige Stimmung war noch eine ganz andere gewesen. Cabezóns schlichte Melodie, die ganz ohne Zierat auskommt und mit ihrem knappen Ende überrascht, berührte jedoch in dieser Übertragung kaum weniger. Scheidemanns Magnificat folgt dem System der Modi, trägt mit dem fast einhundert Jahre nach Cabezón geborenen Komponisten aber natürlich ein anderes Gewand. (Varianten)reicher und kunstvoller ausgestaltet präsentierte Margret Leidenberger Scheidemann als einen jener Orgelmeister, die einen der Höhepunkte der Geschichte markiert hatten.

Hinrik Funhof »Maria im Ährenkleid«, (um 1480, Öl auf Eichenholz, 136 x 81,5 cm), Hamburger Kunsthalle, Sammlung Alte Meister, Bildquelle: Wikimedia commons

Die Charakteristik fand sich zum Teil in den Bildern wieder: Waren bei Albrecht Dürers »Betende Maria« noch die Schlichtheit und der innige Ausdruck bestimmend, erfuhr die Figur der Maria durch Hinrik Funhofs »Maria im Ährenkleid« bereits eine sinnbildliche, symbolische Überhöhung und Idealisierung. Im weiteren Verlauf waren zu Johann Ludwig Krebs‘ Phantasie über den Choral »Freu dich sehr oh meine Seele«, Oskar Wermanns »Frohe Botschaft« und Léon Boëllmanns »Cinq versets (sur le même sujet) pour le Magnificat du 5ème ton« Bilder von Eustache Le Sueur und Johann von Schraudolph zu sehen, die Maria nicht nur portraitierten, sondern die Verkündigung szenisch festgehalten hatten. Dazwischen wirkten Johann Sebastian Bachs Toccata und Fuge F-Dur (BWV 540) und Elias Gottlieb Haußmanns berühmtes Bild des Thomaskantors beinahe wie Fremdkörper – sie schienen aus dem Kreis der Magnificat auszubrechen, obwohl die Fuge atmosphärisch passend gewählt war. Sie schloß denn zudem mit einem frohen Verkündungsakkord.

Oskar Wermann hatte in seinem Stück Schlichtheit mit Atmosphäre und Stimmung verbunden. Sein Charakteristisches Vortragsstück aus Opus 93 hob miniaturenhaft vor allem die frohe Wirkung, nicht den Inhalt der Botschaft, hervor. Léon Boëllmann wiederum besann sich im 19. Jahrhundert erneut der Kirchentonarten und schrieb ein mehrteiliges Magnificat im fünften Ton (lydisch). Auf eine Feingliedrigkeit (wie bei Krebs) folgten stimmungsvolle, mystisch schwebende musikalische Bilder (Andante quasi allegretto), die mit einer Brillanz der Sanftheit endeten.

Duccio di Buoninsegnas »Maestà del Duomo di Siena« hatte eine bildliche Überleitung geschaffen. Wie die anderen ist auch dieses Meisterwerk aus dem 14. Jahrhundert heute nicht mehr in einer Kirche oder einem Dom, sondern einem Museum zu finden. Dieterich Buxtehudes Magnificat primi toni (dorisch) fügte dem vielfarbigen Konzert noch funkelnde Partikel, wie Sternenstaub flimmernd, hinzu.

27. Juli 2024, Wolfram Quellmalz

Die Sommerorgelkonzerte finden jeweils freitags, 20:00 Uhr, in der Versöhnungskirche Dresden-Striesen statt. Diese Woche bereits (2. August) treffen sich Francesco Bellotto (Trompete) und Robin Gaede (Orgel) und beziehen sich erneut auf Bildende Künste, diesmal die Glasfenster von Marc Chagall in der Synagoge des Hadassah-Klinikums (Jerusalem). Eine Woche später heißt es mit Juliane Bühler und Margret Leidenberger »Horn trifft Orgel«. Am 23. August beendet Siegfried Petri die Reihe mit romantischen Orgelwerken aus verschiedenen Ländern.

https://www.kirchgemeinde-dresden-blasewitz.de/termine/veranstaltungen/

Spendenaufruf für die Kirche Großröhrsdorf und aktuelle Informationen: https://www.kirche-grossroehrsdorf.de/

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