Mit der Kammermusik gewachsen

Moritzburg Festival Akademie wieder mit vielen Aufgaben versehen

Daß die ersten (einzelnen) Akademisten beim Moritzburg Festival (MBF) auftauchten, ist schon viele Jahr(zehnt)e her. Im Laufe der Zeit wurde erst eine Akademie gegründet, später ein Akademieorchester. Mira Wang als Direktorin und Josep Caballé Domenech als Dirigent leiten seitdem die Geschicke, koordinieren Auftritte, bereiten die Studenten gemeinsam mit weiteren Mentoren vor. Neben dem Mitspielen im Hauptprogramm gab und gibt es auch in diesem Jahr drei große Konzerte allein für die Akademie des MBF: Am Sonntag fand das traditionelle Proschwitzer Picknick statt, tags darauf die Serenata di Moritzburg auf der Schloßterrasse. Den festlichen Abschluß gibt es am Sonnabend im Kulturpalast. Zum Orchesterkonzert erklingen dann gleich sechs Werke, neben Mozart und Richard Strauss, die jeweils zweimal vertreten sind, zwei zeitgenössische Stücke von Anna Clyne und Jonathan Leshnoff. Einen Tag später darf das MBF dieses Programm noch einmal bei Young Euro Classic in Berlin präsentieren, das zu seinem 25jährigen Jubiläum die Moritzburger Akademisten erneut eingeladen hat.

Johanneum in Hamburg (Altbau im alten St. Johanniskloster). Hier trat Carl Philipp Emanuel Bach 1768 sein Amt als Städtischer Musikdirektorund Kantor und Nachfolger seines Patenonkels Georg Philipp Telemann an. Abbildung aus dem frühen 19. Jahrhundert der Gebrüder Christoffer (Zeichnung) und Peter Suhr (Lithographie), Bildquelle: Wikimedia commons

Um die begehrten Plätze in der Akademie hatten sich ca. 400 Studentinnen und Studenten beworben, ausgewählt wurden 36 von ihnen. Sie kommen aus siebzehn verschiedenen Ländern und spielen von der Violine über Oboe und Trompete bis zum Schlagzeug praktisch jedes Instrument, das in einem Orchester wichtig ist. Am Sonntag durften sie sich – wieder einmal bei Wetterglück – in dreizehn Formationen beim Picknick vorstellen. Neben Schulhoff und Rossini erklangen unter anderem Werke von August Klughardt, Manuel de Falla und Georges Enescu. Das Streichoktett Opus 7 des letzteren war auch im Abendprogramm am Montag zu hören.

Die Serenata di Moritzburg hat vor einigen Jahren – für manchen zum Bedauern – die Lange Nacht der Kammermusik mit Preisvergabe abgelöst. Doch selbst wenn das Format tatsächlich um die Hälfte geschrumpft ist, bietet es den Akademisten ein besonderes Podium, sich zu präsentieren. Dazu gehörte in diesem Jahr, daß jeweils ein Musiker vorab das Stück kurz vorstellte und ankündigte. Und so versprach Cellist Julian Krämer dem Publikum, daß es »musikalisch Verköstigt werde«. Nachdem Johann David Heinichens Serenata di Moritzburg das Format im vergangenen Jahr festgelegt hatte, ging es musikalisch nun in eine Dresdner Partnerstadt zu Carl Philipp Emanuel Bach. Die »Hamburger Sinfonie« Nr. 3 (F-Dur) bot in kleiner Orchesterstärke, von Konzertmeisterin Tiffany Yeung geleitet, in den Ecksätzen eine reiche, feingliedrige Vielfalt der Bläser und Streicher (mit zwei wunderbaren Hörnern: Pau Riedweg Canturri und Apollonia Meier), hielt im Larghetto aber bedachtsam, von den Streichern getragen, inne.

Das Gegenüber von Bläsern und Streichern setzte sich in den Stücken insofern fort, daß die beiden folgenden, größeren Werke jeweils in der einen oder anderen Besetzung festgelegt waren. Beide Male übrigens Oktette.

Wolfgang Amadé Mozarts Serenade c-Moll (KV 388) folgte dabei dem damaligen Geschmack des Kaisers Joseph II. und war mit zwei Oboen (Viktorija Razdevšek und Simona Strohmenger), zwei Klarinetten (Jorge Manuel Aldao López und Joan Leopoldo Fenollar Pérez), den beiden Hörnern sowie zwei Fagotten (Talya Morad und Anton Franz) der Form nach durchaus ungewöhnlich. Das setzte sich musikalisch fort, denn eine simple Symmetrie oder ähnliches hörte man hier nicht heraus. Von der ersten Oboe mit einem Fragegestus eröffnet, fanden sich zwar Paarungen (etwa Oboen mit Klarinetten und Hörner mit Fagott), doch ließ Mozart die Stimmen raffiniert abschweifen und abzweigen. Die Klarinette von Jorge Manuel Aldao López führte sacht ins Andante, die Hörner sorgten auf der Schloßterrasse für einen gediegenen Hintergrundhall.

Georges Enescu, wiewohl von Geburt Rumäne, sollte später einer der drei prägenden Komponisten werden, welche in Paris den musikalischen Impressionismus auslösten. Wie so oft gilt aber auch hier: man hüte sich vor eindimensionalen Festlegungen und Kategorisierungen! Dagegen sprechen solche Werke wie das höchst moderne Streichoktett des gerade neunzehnjährigen. Es klingt nicht nur nach einem Aufbruch ins neue Jahrhundert, es ist zudem äußerst anspruchsvoll. Damals seien die Proben, das das Werk unspielbar schien, abgebrochen wurden (freilich wurde es später trotzdem uraufgeführt). Mit zwölf Proben, verriet Geigerin Anna Gottschlich, hätten sie das Stück aber in den Griff bekommen.

Was sich zeigen sollte. Denn Redio Stoli, Tiffany Yeung, Annelie Ingrosso, Anna Gottschlich (Violinen), Davide Pizzo und Henry Woodruff (Viola) sowie Esther Chae und Henriette-Luise Knauer (Violoncello) wechselten scheinbar mühelos zwischen einem polyphonen, fast orchestralen Klang, und typisch kammermusikalischen Teilen, wobei sich wechselnde Solisten gegenüberstanden. So blieb vor allem die Einheit zwischen den Sätzen erhalten, andererseits setzten Übergänge, wie der schöne Ausklang der Violen (Très modéré) bewußte Trennungen.

13. August 2024, Wolfram Quellmalz

Sonnabend, 19:30 Uhr: »Moritzburg für alle«, mit der Moritzburg Festival Akademie

https://www.moritzburgfestival.de

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