Feinarbeit

Alberto Gaspardo beschließt Freiberger Orgelabende für dieses Jahr

Im vergangenen Jahr wurde der Alberto Gaspardo zum Young ECHO Organist of the Year gewählt (ECHO = European cities of historical organs) gewählt. Der junge Italiener ist derzeit Titularorganist der Kirche Herrliberg in Basel (wunderschön gelegen über dem Zürichsee). Gestern beschloß er für dieses Jahr die Freiberger Abendmusiken.

Johann Christian Kittel (Portrait von Conrad Westermayr, ca. 1803) und Christian Heinrich Rinck (Portrait von Ludwig Becker, ca. 1832), Bildquellen: Wikimedia commons

Dafür hatte er ein ausgesprochen filigranes Programm zusammengestellt, das zwischen Frühklassik und Romantik auf feinen Pfaden wandelte. Alberto Gaspardo tastete sich sozusagen – im wahrsten Sinne des Wortes – an die Musik heran. Und er hatte manche Überraschungen dabei.

Wie Johann Christian Kittel, mit dem es eine Wiederbegegnung gab. Und wo Kittel ist, der ein Bach-Schüler war, ist Rinck, wiederum ein Schüler Kittels, oft nicht weit. Samuel Kummer spielte beide Komponisten in seinem letzten Konzert in der Dresdner Hofkirche, ebenfalls an einer Silbermann-Orgel.

Für die beiden Orgeln im Freiberger Dom hatte sich Alberto Gaspardo als Auftakt am kleinen Instrument für Kittels Präludium D-Dur (IJK 7) entschieden, das in seinen frohen Aufwärtsfiguren gar an Bachs Präludium Es-Dur erinnerte. Den festlichen, aber feinen Charakter behielt der Organist mit Carl Philipp Emanuel Bachs Sonata II g-Moll (H 87 / Wq 265) bei. Fast wie gedämpft wirkte das Allegro moderato, licht und durchhörbar das Adagio, bevor das Allegro mild glimmend den Höhepunkt darstellte. Offensichtlich wollte Alberto Gaspardo den »feinen Pinselstrich«, die sensible und einfühlsame Epoche, ohne grelle Farben darstellen.

Das blieb auch nach dem Wechsel an die große Silbermann-Orgel so. In der »Größe« schien es überhaupt, als sei dem Organisten eine Annäherung der beiden Instrumente gelungen. Johann Christian Kittels Fantasia in F (IJK 1) schien zunächst wie über eine Kaskade perlendes Wasser, bevor es sich vielfarbig seinen Weg brach. Wobei Kittel hier, bis zum überraschend plötzlichen Schluß, eine ungemein moderne Architektur entworfen hat!

Sie hätte sogar noch in die Zeit nach Mendelssohn gepaßt, dessen folgende zweite Sonate (am Ende des Programms stand noch die fünfte) zunächst romantischen Linien folgte. Der Kontrast zwischen Melodie und Baß schien bei Silbermann etwas deutlicher als sonst, die Fuge war ein vorläufiger Höhepunkt, ganz Bach (oder Silbermann?) gewidmet.

Nicht nur die Variationen über ein Thema von Corelli von (Johann) Christian Heinrich Rinck aus Alberto Gaspardos Programm hätten vermutlich ebensogut auf der kleine Orgel gewirkt. Doch die Darstellung der Charaktere, anfangs fast impressionistisch schimmernd, dann verspielt, immer weiter wachsend, gelang dem Organisten auch hier sehr gut. Am Ende überraschte er (bzw. Rinck) noch einmal, zunächst mit der Vereinzelung von Baß und Melodie, dann mit Einschüben eines Klarinettentrios im Register.

Kaum weniger überraschend und feingliedrig war Wolfgang Amadé Mozarts Fantasia in d (KV 397). An sich ein ausgesprochenes Pianistenstück, war die Orgel ein ungewohntes Instrument. Aber um so stimmiger in der fast noch empfindsamen Art – es gibt für solche Stücke von Carl Philipp Emanuel Bach und Wolfgang Amadé Mozart wunderbare Einspielungen auf einem Hammerflügel – der geneigte Leser bzw. Hörer mag vergleichen.

Mendelssohns Allegro maestoso war der Abschluß der diesjährigen Orgelreihe. Im kommenden Jahr geht es mit internationalen Gästen und Preisträgern weiter. Aber auch über Herbst und Winter erklingt im Freiberger Dom Musik. Als nächstes im Konzert am Reformationstag (»Schütz_Junior!«, 17:00 Uhr).

18. Oktober 2024, Wolfram Quellmalz

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