Im letzten Moment

Fehlt noch ein Kalender? Kein Problem!

(Wegen der vorrangigen Berichterstattung für Tageszeitungen erscheint dieser online-Artikel etwas verspätet.)

In den letzten Jahren haben wir regelmäßig die Kalender der edition momente auf unserer Seite vorgestellt. Neben Literatur und Musik in verschiedenen Variationen lag uns stets der Literarische Küchenkalender – das Original! – am Herzen. Sibyl Gräfin Schönfeld hatte ihn entworfen und über viele Jahre gepflegt, was uns immer wieder und zuverlässig wochenweise kulinarische wie literarische Entdeckungen beschert hat. Als die Autorin und Journalistin vor zwei Jahren verstarb, hatte sie für die nächsten Kalender redaktionell bereits vorgesorgt, aber natürlich war diese Vorsorgereichweite begrenzt und endet mit diesem Jahr. Der Verlag hat sich aber entschlossen, den Kalender im kommenden Jahr noch einmal in der gewohnten Form herauszugeben und die schönsten Seiten von Sibyl Gräfin Schönfeld zusammenzustellen. Danach – im Herbst ist ein Blatt mit der Ankündigung der Ausgabe 2026 bereits eingefügt – soll er unter neuer Redaktion, aber im gleichen Sinn weitergeführt werden.

Für das kommende Jahr dürfen wir uns daher auf liebe alte Bekannte freuen. Mit Johann Wolfgang von Goethe wird zu Epiphanias eine Dreikönigstorte gereicht, auch zu Henrik Ibsens »Ein Puppenheim« gibt es süßes: Makrönchen.

Natürlich darf es herzhaft werden oder rustikal: zu Adelheid Popps Lebenserinnerungen, sie wuchs als Arbeiterkind in einem Wiener Elendsviertel auf, wurde später Frauenrechtlerin und schaffte es als erste Abgeordnete 1919 ins Parlament, präsentiert der Kalender einen schmackhaften Wurstsalat. Manche »Hausmannskost« gibt sich geheimnisvoll, wie die »Partitur des Hackbratens« zu Emma Braslavskys Roman »Die Nacht war bleich, die Lichter blinken«. Das läßt sich deftig steigern: zu Hans Fallada (»Bonzen und Bomben«) gibt es Eisbein.

Wer es traditioneller mag, findet bei George Eliot (»Middlemarch«) typisch englische Fleischpasteten oder bei Sinclair Lewis (»Spielen wir König«) Eier mit Speck. Es läßt sich aber noch phantastisch steigern: Anita Shreves »Die Hochzeit im Dezember« gibt es Zwillingsfilet.

Da fehlt nur der Abschluß, aber auch daran hatte Sibyl Gräfin Schönfeld gedacht, mit Gooseberry Pie (Hedwig von Olfers) oder Apfelpunsch (Hans Christian Andersen: »Fliedermütterchen«). Freuen wir uns also auf 2025!

Sibyl Gräfin Schönfeld »Der literarische Küchenkalender 2025«, Wochenkalender, edition momente, 60 Blätter, 24,- Euro (in guten Buchhandlungen ganz schnell lieferbar, wenn nicht mehr vorrätig)

Melanie Unseld »Der Musik Kalender 2025. Passion & Leidenschaft für ein Leben mit Musik«, Wochenkalender, edition momente, 60 Blätter, 24,- Euro (Auflage vergriffen, aber Restexemplare in der guten Buchhandlung)

Musikalisch setzt die edition momente im kommenden Jahr Passion und Leidenschaft in Szene. Und weil Erinnerungen nicht nur Nostalgie sind, wird es dabei höchst lebendig, amüsant, nachvollziehbar …

»Ich denke an Dich, wenn ich mich an die Vergangenheit erinnere. Ich denke an Dich in liebevoller Sorge um die Gegenwart und in lebhaften Hoffnungen für Deine Zukunft« schrieb Charles Gounod an Georges Bizet, womit er wieder einmal belegt, daß alle Zeiten miteinander verknüpft sind. Grace Bumbry (auf einem Photo mit Dietrich Fischer-Dieskau in Verdis »Macbeth« aus Salzburg zu sehen) legt Gedanken über das Auswendiglernen und die Bedeutung von Souffleuren offen, während Nikolai Rimsky-Korsakow bekennt, daß eine Melodie in seiner Oper »Das Märchen vom Zaren Saltan« der Erinnerung entsprungen ist: seine Kinderfrau Awdotja Larionowna hatte ihm zum Einschlafen oft ein Lied gesungen. Für Ethel Smyth gehörten Erinnerungen dazu, über das Leben zu lernen – über vergangene Begrenzungen, Fehlleistungen, übereilte Schlüsse.

Erinnerungen sind es, ganz persönliche, wie von Nicolai Gedda, der zu seinen Anfänge beim Singen zurückkehrt, oder von Dmitri Schostakowitsch, der in einem Brief Isaak Glikman bekannte, er glaube, niemand werde einst ein Werk seinem Andenken widmen. So schrieb er ein »niemand nützendes und ideologisch verwerfliches Gedicht, gewidmet dem Andenken des Komponisten dieses Quartetts«.

Manche Gedanken sind aber auch ganz praktischer Natur, wie jene von Irving Berlin »Wenn Sie einen Songtext schreiben, muß er mit Ideen, Gefühlen oder Gegenständen zu tun haben, die jeder wiedererkennt.

Dezember 2024, Wolfram Quellmalz

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