Kein Fest ohne Musik

SLUB feiert Maria Antonia Walpurgis

Eigentlich ist der Geburtstag von Maria Antonia Walpurgis Symphorosa von Bayern, Prinzessin aus dem Hause Wittelsbach und durch Vermählung zur 1763 Kurfürstin von Sachsen aufgestiegen, lange vorbei – in den Juli vergangenen Jahres war ihr 300. Geburtstag gefallen. Doch früher feierte man Feste schließlich auch ausgiebig, weshalb also nicht ein Festjahr ausrufen? Das Ensemble Fürsten Musik widmete Maria Antonia 2024 ein ganzes Jahresprogramm und hatte im Herbst den musikalischen Reigen in der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB, NMB berichteten: https://neuemusikalischeblaetter.com/2024/11/04/kleine-dramen-und-scharfe-bogen/) eröffnet. Am Donnerstag gab es hier das zweite Konzert zu Ehren der Kurfürstin, diesmal mit Gästen von auswärts: die Hamburger Ratsmusik (Simone Eckert / Viola da Gamba, Anke Dennert / Cembalo und Ulrich Wedemeier / Laute) war mit der Sopranistin Clara Steuerwald angereist. Ein Ensemble aus der Partnerstadt also – vieles verbindet Hamburg und Dresden seit langem, nicht nur die Elbe. Seit langem? Mitnichten! Gerade erst 1987 wurde die Städtepartnerschaft geschlossen, im Vergleich zum Jubiläum Maria Antonia Walpurgis‘ ein scheinbar geringer Zeitraum …

Obwohl – so gering ist er gar nicht. Achtunddreißig Jahre ist das jetzt her, mit 38 hatte Maria Antonia Walpurgis schon einiges erreicht, vor allem: Musik gesammelt, initiiert, selbst geschrieben, dazu gedichtet und gemalt. Die spätere Kurfürstin war nicht nur eine Mäzenatin und Kennerin, sie war eine Expertin, die Talente erkannte und förderte, Werke durch ihren Katalog bewahrte und zur Verbreitung beitrug. Kein Wunder also, daß es in den Konzerten zu ihrem Jubiläum kaum Überschneidungen und Wiederholungen gibt. Nachdem Maria Antonia Walpurgis im Herbst in der SLUB vor allem als Sammlerin und Netzwerkerin im Mittelpunkt gestanden hatte, konnte sie das Publikum diesmal auch wieder als Komponistin erleben. Die Musikauswahl der Hamburger Ratsmusik war so erlesen wie vielseitig. So ergab sich aus der Folge von Instrumentaltiteln und Arien weit mehr als und unterhaltsame Abwechslung. Vielmehr wurde ein Einblick in die Temperamente hörbar, welche die Bayerische Prinzessin vielleicht bevorzugt hat: leicht, leidenschaftlich, gewitzt, pointiert, aber auch einmal dramatisch emotional.

Aus den gezeigten Exponaten und gespielten Werken, Photo: NMB

Dabei entzückte Clara Steuerwald mit einer trotz schlanker Stimme großen Vielseitigkeit. Sie konnte in Maria Antonias Arie »Barbaro dispietato« (»Gnadenloser Barbar«) die aufwallende Leidenschaft ebenso spürbar werden wie die im Text beschriebenen Blitze aufflackern lassen. Ähnlich gelang ihr das in Johann Adolph Hasses Kantate »Quel vago seno o Fille«. Die Koloraturen glichen eleganten Girlanden, während Clara Steuerwald bei »Par che di giubbilo« (»Es kommt einem wie Jubel vor«) von Johann Gottlieb Naumann, an dessen Entdeckung die Kurfürstin ihren Anteil hatte, ein subtiles Vibrato einflocht. Dagegen hatte Giovanni Battista Ferrandinis »D’una Rosa che mi punse« (»Von einer Rose, die mich gestochen hat«) zu Beginn noch mädchenhaft leicht geklungen, mehr anmutiges Lied als Arie. Nicht ohne Grund: Ferrandini hatte das Stück einst für die wirklich noch junge Maria Antonia geschrieben. Das Programmheft zeigte die junge Sängerin mit einer Laute auf dem Titelblatt.

So lag ein gewisser Zauber in der Luft des Klemperer-Saales, an dem ebenso die Instrumentalisten der Hamburger Ratsmusik woben. Sie gestalteten nicht nur eine feinsinnige Begleitung der Arien (auch einmal ohne Cembalo bei Naumann), sondern führten verschiedene Sonaten aus, die zwischen Barock und Empfindsamkeit mal die eine, mal die andere Stilrichtung betonten. Hasse, in Bergedorf geboren und damit Vertreter der Hamburger Umgebung, steuerte eine Sonata für Cembalo solo G-Dur bei, Ulrich Wedemeier ließ später eine Suite für Laute bzw. Gallichon, wie Maria Antonia sie genannt haben soll, von Giuseppe Antonio Brescianello folgen. Diese überraschte mit vergleichsweise »aufgeregten« Allegro-Sätzen – das kennt man eher von der Mandoline – während die Menuette als angenehme »Plauderei« jeder Prinzessin gerecht wurden.

Simone Eckert, Ulrich Wedemeier, Clara Steuerwald und Anke Dennert im Klemperer-Saal der SLUB, Photo: NMB

Ob nun aufgeregt oder angeregt – der Ausdruck stand im Vordergrund, dazu lieferte die Hamburger Ratsmusik in der Moderation ein paar Anekdoten sowie eine kurze Inhaltsangabe der Arien, so daß wohl jeder im Publikum leicht den Überblick behielt. Die Hälfte der gespielten Werke wird übrigens in der SLUB aufbewahrt, wovon sich das Publikum in Schaukästen überzeugen konnte, denn die Quellenpräsentation gehört bei solchen Anlässen stets dazu.

17. Januar 2025, Wolfram Quellmalz

Die nächsten Konzerte in der SLUB beschäftigen sich am 16. und 25. April mit der Gegenwartsmusik.

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