Trio Adeste im Marcolini-Palais
Den Namen für ihr Trio wählte Adela Drechsel bewußt: »Adeste« steht nicht nur für ein allgemeines Sein, sondern für Anwesenheit, Beteiligung mit allen Sinnen. Mit ihren Projekten erreicht, inspiriert und aktiviert die Geigerin oft ihre Zuhörer, wie man unter anderem regelmäßig im Marcolini-Palais erleben kann. Am Dienstag vergangener Woche war das Trio Adeste wieder einmal zu Gast und animierte sein Publikum zu einem Kanon: »Kraut und Rüben haben mich vertrieben« – woher das sächsische Volkslied wirklich stammt, ist nicht sicher, jedoch hat Johann Sebastian Bach es kunstvoll in seinen Goldberg-Variationen verwoben. Und auch sonst hat es in der Musikwelt Spuren hinterlassen, wie man hören durfte.
Denn nicht Musik deutscher Komponisten, sondern dezidiert italienische und englische hatte das Trio Adeste mitgebracht. Warum gerade diese beiden, warum »Äpfel mit Birnen mischen« (Adela Drechsel)? Ganz einfach – weil sie sich gegenseitig inspiriert haben, schließlich sei italienischer Käse oder Tomatensauce mit Basilikum doch auch für uns nicht mehr wegzudenken.

Die Musik des 17. Jahrhunderts durfte am »unteren Ende«, also dem Übergang vom 16. zum 17., ein wenig ausfransen, denn Salomone Rossi, bereits um 1570 geboren, hatte das »Kraut-und-Rüben«-Thema (oder ein sehr verwandtes) in seiner Sonata duodecima, sopra la Bergamasca verarbeitet. Diese erklang – wie die meisten Stücke – übrigens zu viert, denn neben Adela Drechsel spielte Ulrike Titze ebenso Violine; Ulla Hoffmann (Viola da Gamba) und Claudia Pätzold (Cembalo) sorgten zwar meist gemeinsam für die Stimme des Basso continuo, durften im Verlauf aber solistisch hervortreten. Am schönsten vielleicht in einer lose gebundenen Suite, eigentlich Einzelstücken, doch das Trio Adeste hatte Thomas Humes »Le spirit of gambo« (Gambe solo) und William Byrds »La volta« (Cembalo solo) mit zwei Phantasien für zwei Stimmen von Thomas Morley umschlossen. Die Namen der Stücke waren dabei ebenso phantasievoll wie die Formen: Byrds »La volta« (für »Drehung« oder »Umschwung«) erschien zunächst in einem »Songbook« mit überwiegend Tänzen, Morleys Phantasien hießen »La girandola« (»Das Windrad«) und »La sampogna« (ein italienisches Pfeifeninstrument) und boten ergötzlich-virtuose »Bogengefechte« von Adela Drechsel und Ulrike Titze. Aber nicht nur – der »Geist der Gambe« reicht von sangvollen Obertönen bis zu melancholischem Baß, Byrds Umschwung perlte fröhlich.
Nebenbei war manches interessante oder heitere über die Stücke und ihre Komponisten zu erfahren. So sei Tobias Hume nicht nur Komponist, sondern wohl auch ein frecher Herumtreiber gewesen, der John Dowland zu einem »Duell« herausgefordert hätte, welches Instrument das schönere sei – seines, die Gambe, oder Dowlands, die Laute. Auf die Caprice Humes, den »Spirit« mit zwei Spielern – einer auf dem Schoß des anderen – zu präsentieren, verzichtete das Trio Adeste allerdings.
Vieles war damals in der Musik scheinbar freier, während spätestens seit der Romantik Notation und Spielanweisungen »strenger« geworden sind. Oder waren die Komponisten einfach pragmatischer, um möglichst vielen Spielern Zugang zu ihrem Stück zu verschaffen, unabhängig vom Instrument? Dario Castellos Sonata seconda, von Ulrike Titze gespielt, verband die erregten Farben eines Tremolos mit den nachdenklichen Zügen des Innehaltens. Obwohl die Form bereits einer Sonate entspreche, hatte Ulrike Titze erklärt, sei das Stück als »Canto« (Gesang) gekennzeichnet und könne ebenso auf einer Blockflöte oder einem Zink gespielt werden.
Das wohl effektvollste Stück stammte von Marco Uccellini. Denn seine Sonata XI enthielt nicht nur spielerische Spitzfindigkeiten voller Triller, Sprünge und anderer Volten, der Komponist hatte auch Echoeffekte dafür verwendet, die hier wirkungsvoll mit der zweiten Violine aus dem Nebenraum erklangen.
Nach Francesco Turini (Sonata II), der wegen der Stellung seines Vaters (Zinkenist am Hof von Kaiser Rudolf II) in Prag geboren wurde, durfte Henry Purcell, der den Abend begonnen hatte, das Programm beschließen. Seine beiden Triosonaten (Nr. III / d-Moll und Nr. VIII / G-Dur) bewiesen hinreichend die bis heute andauernde Verehrung des als »Orpheus Britannicus« bezeichneten Musikers. Kurzweilig und unterhaltsam konnten sie doch ob ihrer Gesanglichkeit tief berühren. Für den Ausklang sorgte als Zugabe eine Ciaccona von Tarquinio Merula.
30. April 2025, Wolfram Quellmalz
Nächste Konzerte mit Ensembles von oder mit Adela Drechsel: 6. Juli, 19:00 Uhr, Kirche Liebethal, 22. Juli, 15:00 Uhr, Schloßpark Pillnitz