19. Lockwitzer Kammermusik folgte Goethe
Musikalisch in Aktion war ein Quartett, immerhin das Sächsische Posaunenquartett (Stefan Langbein, Andreas Winkler, Kristof Lehmgrübner und Danilo Koban). So »gemein« Blechbläser klingen können, wenn sie »schief« liegen (was jeder hört, weil sie in der Regel alle anderen übertönen), so gediegen und golden glänzen sie, wenn alles harmonisch gerät. Das Sächsische Posaunenquartett sorgte am Sonntag in der Lockwitzer Schloßkirche mit seiner harmonischen Ausgewogenheit für glänzende Augen! Dabei waren sie quasi zum Quintett gewachsen, denn »Auf (Goethes Spuren) nach Italien« folgte dem Geheimrat von Norden bis Süden über bzw. durch den »Stiefel«.
Als launige Einsprengsel erwiesen sich die Lesungen und Erklärungen, denn Kristof Lehmgrübner und seine Kollegen führten durch das Programm, ordneten manches ein und lasen Auszüge aus Goethes berühmtem Italien-Reisebuch.

Musikalisch war das Programm freier, denn nur in drei Fällen hätten die Lebensdaten eine Begegnung des Dichterfürsten mit den Komponisten ermöglicht: im Falle Gioacchino Rossinis ist jedoch kein Aufeinandertreffen belegt, mit Giuseppe Giordani wenig wahrscheinlich, Mozart indes entging Goethe nicht – am 18. August 1763 spielte das siebenjährige Wunderkind (mit seiner Schwester) vor dem vierzehnjährigen Dichter auf der Durchreise in Frankfurt am Main. Goethe sollte dieser Anlaß lebenslang im Gedächtnis bleiben.
Im Konzert gab es viel Musik aus der Zeit nach Goethe, Richard Strauss‘ Wiener-Philharmoniker-Fanfare sorgte für einen glänzenden Auftakt, Antonín Dvořák lockte die Zuhörer mit der bekannten »Humoreske« nach Karlsbad, wo sich Goethe (wie später Dvořák) zur Kur aufgehalten hatte – sein Ausgangspunkt für die Reise bzw. Flucht nach Italien.
Mit Vivaldi (Sinfonia aus dem Oratorium »Al Santo Sepolcro«), Francesco Sponga (Arie Francese Seconda) wurden italienische Gefühle geweckt, mit letzteren Fall an Opernarien erinnernd, während Giovanni Gabrielis Canzona Seconda für die hohe Kunst der Polyphonie stand, aber mit seinem Fanfarencharakter ebenso einen Bezug zum Beginn (Strauss) aufwies. Eine Sonata Arcangelo Corellis setzte später die Zeitreise nach Gabrieli fort.

Dazwischen gab es auch populäre Titel, wozu unbedingt – nach zeitgenössischem Verständnis – Opern zu nennen sind. Zwei Ouvertüren stachen besonders heraus: jene zu Rossinis »Il barbiere di Siviglia« sowie Mozarts »Così fan tutte«.
Die Popularität in späteren Zeiten lag bei Nino Rota in der Filmmusik (Liebesthema aus »Der Pate«) oder Luigi Denzias »Funiculi funicula«. Die Standseilbahn, zu deren Eröffnung das Lied geschrieben worden war, fuhr immerhin zwanzig Jahre, bis die Einschienenbahn durch eine »echte« Standseilbahn ersetzt wurde. Diese fiel einem Ausbruch des Vesuv zum Oper. Das Lied ist indes aus der Musikgeschichte nicht mehr wegzudenken.

Das Sächsische Posaunenquartett ließ seine Tenor- und Baßposaunen glänzen und blitzen, im optischen wie im musikalischen Sinn, offerierte dem Publikum Kantabilität und Fanfarenjubel – eine schöne Einstimmung in den Sommer, an dessen Ende ein kleines Jubiläum steht: Am 21. September, dem kalendarisch letzten Sommertag, feiert die Reihe mit der 20. Lockwitzer Kammermusik ihr zehnjähriges Bestehen. Vorerst gab es einen angemessenen Ausklang: Mit »Nessun dorma« aus Puccinis »Turandot« verabschiedete sich das Sächsische Posaunenquartett mit einem weiteren Opernklassiker.
10. Juni 2025, Wolfram Quellmalz