Kammerkonzert in der Hoflößnitz
»Eine französische Reise« (Konzerttitel) begann am Sonntag in der Hoflößnitz bei Georg Philipp Telemann. Telemann, in Hamburg zu Hause, feierte in Paris in der Académie Royale de Musique, im Théâtre de la Foire Saint-Germain und im Concert spirituel große Erfolge, als er 1737 / 38 lange Monate an der Seine verbrachte. Schon zuvor hatte der gebürtige Magdeburger Ouvertüren im französischen Stil geschrieben. Michel Blavet, Europas damals wohl führender Flötist, war nur einer, der Telemann sicherlich sehnlichst erwartet hatte. Sehnlichst erwartet, zurückerwartet, wurde Telemann übrigens auch in Hamburg. Ähnlich wie Bach bei seiner Fußreise nach Lübeck hatte sich Telemann einen etwas überlangen Aufenthalt genehmigt. Nur war das 1705 / 06 noch eine Jugendsünde Bachs – Telemann war während seines Parisbesuches bereits 56 Jahre alt!
Marie Ludewig übernahm am Sonntag die Traversflöte, wie sie einst Michel Blavet in der Königlichen Kapelle in Versailles gespielt haben mag; mit Daria Spiridonova (Barockvioline), Georg Zeike (Viola da Gamba) und Michaela Hasselt (Cembalo) hatte sie für den Einstieg Prélude: Vivement aus dem Nouveaux quators en six suites, den sogenannten »Pariser Quartetten« gewählt, das den Gesang eines Vogels mit (französischer?) Leichtigkeit verband. In Paris waren die Quartette sehr beliebt, entstanden sind sie allerdings deutlich früher – Telemann gehörte zu jenen Komponisten, die verschiedene Einflüsse in ihre Werke aufnahmen und einen sogenannten »vermischten Stil« entwickelt hatten.

Allerdings blieb der Eindruck am Sonntag leicht, nicht nur im Sinne einer ephemeren Musik, sondern auch, weil die Wiedergabe ein wenig leicht, fern schien und blieb. Warum zum Beispiel nur dieser kleine Ausschnitt aus Telemanns Werk?
Mit François Couperin wandten sich die Musiker einem Meister zu, den wir vor allem durch seine Werke für Tasteninstrument kennen und der – ähnlich wie Telemann in Hamburg – fremde Elemente einband. Couperin, in eine berühmte Musikerfamilie geboren, schwor besonders auf italienisches, was man selbst in seiner »Französischen Suite« (La Françoise aus Les nations) hört. Die punktierte, kontrapunktische Belebung des Cembalos drang in den Quartetten ebenso durch wie die konzertante Form, die Arcangelo Corelli geprägt hatte. Der Eindruck französischer Eleganz überwog in den langsamen Sätzen, während es die schnelleren allerdings an Reibung missen ließen.
Gleich zweimal trat mit »Pourquoy doux rossignol« die damalige musikalische Mode in den Vordergrund. Die Nachtigall als Sinnbild für Liebe und heimliche Ständchen durfte mit Jean-Baptiste de Bousset schlagen und werben – er hatte Flöte und Cembalo in den Vordergrund gesetzt. Im Gegenüber von Flöte und Violine nach Michel Blavet, der nun auch als Komponist in Erscheinung trat, wurde erneut eine Bezauberung durch die elegante Linie herausgestellt.
Mit Sonaten bzw. Suiten Louis-Gabriel Guillemain hatte das Quartett größere Formen in seinem Programm. Guillemain freilich, obwohl ein Zeitgenosse Telemanns, hatte diesen leider um zwanzig Jahre verpaßt – er kam erst 1759 nach Versailles. Seine Sonata III aus einer Sammlung galanter und amüsanter Quartette verband in der Tat die ernsthafte mit der unterhaltsamen Seite, bot fugierte Abschnitte, ließ die Instrumente reihum hervortreten und gewährte unter anderem der Viola da Gamba Gelegenheit für einen solistische Präsenz. Eine hübsche Sammlung, und trotzdem wollte der Funke nicht recht überspringen.
Es fehlte, schien es, an Geschlossenheit und Kontur, an Durchdringlichkeit. Das konnten trotz ihrer im Vergleich größten Gesanglichkeit an diesem Abend auch die Pièces en Trio pour les flûtes, violon et dessus de viole von Marin Marais nicht ausgleichen. Trotzdem war gerade das Spiel miteinander, der Wechsel, die Gelassenheit des Cembalos, hier am stärksten. Die Gelassenheit prägte ebenso die abschließende Passacaille, in der die Instrumente erst einzeln hervortraten, um sich dann wieder zu vereinen.
7. Juli 2025, Wolfram Quellmalz
Im nächsten Kammerkonzert in der Hoflößnitz erklingen am 24. August mit Hille Perl (Viola da Gamba) und Steve Player sowie Lee Santana (Gitarren) Musik und Tänze aus Spanien und Südamerika.