Wenn sich Himmel und Erde berühren

Ensemble Polyharmonique eröffnete Batzdorfer Barockfestspiele

Die Batzdorfer Barockfestspiele sind längst kein Geheimtip mehr. Die Konzerte, in denen sich die eigenen Musiker und die Batzdorfer Hofkapelle mit Gästen abwechseln, sind in der Regel (trotz Baumstellenumleitung) ausverkauft, dazu gibt es eine Ausstellung im Herrenhaus und der Schloßkapelle gegenüber. In diesem Jahr werden GartenTräume der Künstlergruppe Batzdorf präsentiert.

Am Dienstag eröffneten das Ensemble Polyharmonique und die Batzdorfer Hofkapelle die Konzertreihe der 33. Batzdorfer Barockfestspiele mit Musik ausschließlich von Andreas Hammerschmidt. Im kommenden Monat gedenken wir des 350. Todestages Hammerschmidts – eine gute Gelegenheit, sein umfangreiches Œuvre besser kennenzulernen, denn Hammerschmidt hat, worauf Ensembleleiter und Altus Alexander Schneider verwies, weit mehr geschrieben als das beliebte »Machet die Tore weit«. Immerhin ist er damit bekannt und nicht vergessen – ein Vorteil gegenüber anderen, deren Namen erst wiederentdeckt werden müssen.

Links: Andreas Hammerschmidt (Gravur, 1646), Germanisches Nationalmuseum, rechts: Gedenkstein in Zittau mit der originalen Grabinschrift (Friedhof der Zittauer Kreuzkirche), Bildquellen: Wikimedia commons

Die Neuentdeckungen Andreas Hammerschmidts galten ganz der himmlischen und irdischen Liebe, wobei sich die teils sehr sinnlichen Texte wie aus dem Hohelied der Liebe (1. Korintherbrief / Neues Testament) nicht immer klar zuordnen ließen. Oder vielmehr berührten sich himmlische und irdische Liebe.

Diese Berührung lag schon in der Berührung der Stimmen: das Ensemble Polyharmonique war à six angereist, neben Alexander Schneider wirkten die beiden Sopranistinnen Joowon Chung und Caroline Jacob mit, außerdem Johannes Gaubitz und Christopher Renz (Tenöre) sowie Manuel Nickert (Baß). Die begleitende Kapelle war von gleicher Stärke: neben zwei Chitarronen, auch als Theorbe eingesetzt (Stefan Maass und Stephan Rath), spielten Daniel Deuter und Wolfgang von Kessinger die Barockviolinen und Tobias Schade das Orgelpositiv. Sven Rössel ist nicht nur ausgebildeter Bassist, sondern auch Musikwissenschaftler und in Sachen Andreas Hammerschmidt unter anderem mit einer Biographie und der Beteiligung an der neuen Gesamtwerkausgabe in Erscheinung getreten. Am Dienstag hatte er den Violone übernommen.

»Es schweiget zwar allhier | des schönen Schwanes Thon | doch klingt es wunderschön | vor seines Gottes Thron.« So ist es auf dem rekonstruierten Grabstein Hammerschmidts in Zittau zu lesen, mehrfach wurde der Komponist als »Orpheus« bezeichnet. Der Grund liegt in der besonderen Sanglichkeit seiner Werke, die sich, wie man in Batzdorf spüren konnte, bis in die Instrumentalstimmen zieht. Denn die kleine Kapelle war nicht konzertierend herausgestellt, auch nicht virtuos oder in Kadenzen, sie mischte sich fortlaufend eng mit den Sängern von Polyharmonique – ein Effekt, der sich durch die Aufstellung der Instrumentalisten vorn und des Vokalensembles dahinter noch verstärkte. Selbst wenn die Violinen einmal »beflügelt« hervortraten, wie in der Musik zur Fest- und Zeitandacht »Ich beschwöre Euch, ihr Töchter« (HaWV 684), geschah dies nicht im Sinne von Violinsoli, sondern von Gesangsduetten mit den Solisten von Polyharmonique.

Daß Hammerschmidt angeblich nur Battaglias geschrieben habe, wie kolportiert wird, darf man nicht zu schwer wiegen lassen. Zu oft fußen solche Urteile auf Neid und der gerade nicht selten auf Anerkennung eines besonderen Effekts – den rhythmischen treibenden Puls wußte er durchaus zu verwenden, um Hingabe bis zur Inbrunst zu steigern – für seine Himmelsmusik. Das machte schon »Jauchzet dem Herrn alle Welt« (HaWV 469) deutlich. Schließlich jauchzt man mit vollen Herzen – das war am Ende des Abends noch einmal als Zugabe nötig.

Über den Battaglienstil hinaus wußte Andreas Hammerschmidt also ebenso zu besinnen, zur Ruhe zu bringen, Lichtschimmer zu setzen. Zwei kleine Messen (HaWV 645 und 644) mit ihren verschiedenen Auffassungen, ein Kyrie zu beginnen, waren verblüffende Beispiele dafür. Natürlich kann ein so exquisit besetztes Ensemble auch à 5 beeindrucken oder Solisten und Duette stellen. Christopher Renz, mittlerweile ein Altbekannter bei Polyharmonique, schmachtete mit Caroline Jacob »Siehe meine Freundin Du bist schön« die Liebe an (HaWV 237). Noch etwas direkter bzw. gegenständlicher fiel »Wie schön sind deine Brüste« aus. Dies wieder zu sechst, wobei angemerkt sei, daß der Titel ebenfalls zu den Fest- und Zeitandachten gehört.

So waren himmlische und irdische Aspekte kaum zu trennen, doch respektierte die Musik die feine Grenze der Sinnenlust. Mit der zweiten Messe und beherztem, ostinatem Baß schloß das offizielle Programm.

3. September 2025, Wolfram Quellmalz

Die Batzdorfer Barockfestspiele bieten noch bis zum Sonntag viel Musik, ein Kneipenquizz und ein Familienkonzert.

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