Experiment beim Georg Enescu Festival in Bukarest
Wegen der vorrangigen Berichterstattung für die Tageszeitung und nach einem »digitalen Kollaps« erscheint dieser Text leider sehr verzögert.
Wir konnten zwar nur einen Bruchteil des Programms beim Festivalul Internațional George Enescu (GEF) in Bukarest erleben, aber immerhin das Konzert des Orchestra of the Age of Enlightenment wollten wir uns nicht entgehen lassen. Vor vielen Jahren hatte das Ensemble, damals unter der Leitung von Frans Brüggen, in der Dresdner Frauenkirche einen außerordentlich starken Eindruck hinterlassen (Robert Schumann: Violinkonzert mit Isabelle Faust und zweite Sinfonie). Am letzten Donnerstag gab es im Romanian Athenaeum eine Wiederbegegnung bei »Breaking Bach«. Doch hier sollte nichts zerbrechen, es ging darum, Johann Sebastian Bachs Musik mit Tanz zu verbinden. Kein Ballett, sondern Breakdance.

Choreograph Kim Brandstrup hatte das Programm bzw. den artistischen Teil zusammengestellt, was allein schon eine interssante Begegnung war, weil hier nicht die athletische Eleganz eines Balletts vorherrschte, sondern die energiegeladene, auf Kraft basierende Bewegungsfolge des Street dance. Kein Ausdruckstanz, ging es hier eher um Impulse und die Bündelung von Bewegung – und immer wieder um Kraft und Energie. Das war einerseits eine Bereicherung in seiner Vielfalt und Abkehr vom normativen des Balletts, auf der anderen Seite war die Verbindung zur Musik nicht derart zwingend wie beim klassischen Tanz – es hätte also nicht Bach sein müssen. Elf Tänzer, darunter drei Tänzerinnen, fanden in Paaren, Gruppen und größeren Formationen zusammen, konnten sich aber auch abwechseln. Nach einem schnellen Satz, spätestens zweien in Folge, spürte man, wie stark sie sich verausgabten.

Darin lag allerdings eine gewisse Beliebigkeit – ohne den sportlichen Anspruch fehlte ein Moment des Beeindruckens, was sich gerade in den langsamen Sätzen zeigte. Die expressiv so beeindruckende Art des Breakdance verlangt eben doch nach einem anderen Format (auch in der Dauer der Darstellung) oder anderer Musik, kann über ein längeres Programm und gerade ohne den hitzigen Charakter der Musik nicht jene Ausdruckskraft entfalten. Insofern war der Abend mit einer guten Stunde (ohne Pause) an sich gut programmiert.

Im Zentrum standen vielleicht drei Sätze aus Solokonzerten, die auch solistisch oder maximal im Trio getanzt wurden. Das Orchestra of the Age of Enlightenment (Konzertmeisterin: Margaret Faultless) war ein veritabler Partner, der einmal nicht (ganz) in die Historie des Bach-Klangs zurückdrang, aber gerade mit den Streichern ein schönes Ensemble bildete. Die Solostimmen, gerade die Oboe (Konzert BWV 1056R) waren allerdings nicht immer auf dieser Höhe, was teils an der abweichenden Raumnutzung gelegen haben mag – das Orchester spielte auf einer Rampe am hinteren Bühnenrand, weil vorn Platz für die Tänzer gebraucht wurde. Da war es wohl schwierig, die Balance zwischen Kantabilität und Durchdringung herzustellen. Das an sich nicht schwerwiegende Manko wurde außerdem noch durch die temporäre Verstärkung (!) von Cembalo und Orgel offengelegt, was in bezug auf die Erwartung bzw. die Bekanntschaft mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment letztlich doch eine Trübung des Eindrucks bedeutete.
12. September 2025, Wolfram Quellmalz