Abschluß mit Bach

Dank-Vesper in der Moritzburger Schloßkirche

Die Chöre der katholischen Kantoreien St. Franziskus Xaverius (Neustadt), St. Hubertus (Weißer Hirsch), St. Josef (Pieschen) und St. Petrus Canisius (Pillnitz) schlossen sich am Wochenende vor einer Woche zu einem großen Chor der St.-Martin-Pfarrei zusammen, um gemeinsam eine Vesper zu gestalten. Begonnen hatte das Projekt mit Proben, zu denen Gastsänger eingeladen waren, bereits einen Monat zuvor. Am Sonnabend (Schloßkapelle Pillnitz) und Sonntag (Schloßkapelle Moritzburg) fanden die Aufführungen statt.

Unterstützt wurden die Sängerinnen und Sänger von einem kleinen, aber erlesenen Ensemble (Caspar Erler und Reingard Marie Voß, Violinen, Sophia Gulde, Viola, Katrin Meingast, Violoncello, Carsten Heyder, Violone und Stephan Naumovitsch, Truhenorgel), in dem Alte-Musik-Experten, freie sowie Kirchenmusiker zu einer soliden Einheit fanden und gemeinsame Gestaltungsräume erschlossen.

Schloß Pillnitz zum Herbstbeginn – in der Schloßkapelle war die St.-Martin-Pfarrei am Vorabend aufgetreten, Photo: Magdalena Flügge

Im Mittelpunkt stand die Kantate »Der Herr denket an uns« (BWV 196), ursprünglich zu einer Trauung in Thüringen, vielleicht sogar für einen Verwandten Johann Sebastian Bachs, geschrieben. Auch das übrige Programm bezog sich, wie Leiter Marco Gulde verriet, auf den Thomaskantor.

Ein Eingangschoral (»Herr, komm‘ mir zu Hilfe«) sorgte a cappella in der Vesper am Sonntag für den Beginn bzw. liturgischen Einzug. »Lobt Gott den Herrn der Herrlichkeit« (EG 300) führte im Sinne eines Chorals (nun mit Instrumentalbegleitung) die Verbindung von Hilfe und Dank weiter. Diese Themen blieben am 15. Sonntag nach Trinitatis immanent. »Sorgt euch nicht!« ist leichter gesagt als getan, auch schließe der Dank und das Behüten ein, daß Gott einen stets »im Blick« habe, wie Pfarrer Ludger M. Kauder in seinem Geistlichen Wort ausführte. Der Lesungsteil hatte zuvor einer ergänzten und modernisierten Fassung der Dank-Psalmen Ernesto Cardenals gegolten.

Zentral sorgten zwei Werke für einen stabilen Kern: einerseits Bachs Trauungskantate, andererseits eine anonym überlieferte Triosonate aus dem »Schranck No. II« (ehemals Hofkapelle) – ob sie wirklich von Georg Philipp Telemann stammt, wie Marco Gulde als zumindest möglich darstellte, läßt sich nicht genau sagen oder muß noch erforscht werden.

Bachs Kantate gelang, nachdem sich die Chöre sozusagen eingesungen hatten, mit großer Sicherheit – wer es nicht wußte, hätte hier keinen aus vier Teilchören plus Gästen bestehenden Projektchor, sondern eine beständige Kantorei vermutet. Durch die Sinfonia-Einleitung war dem Werk zudem ein festliches Kleid gegeben, passend für den Anlaß damals wie für den Ernte- oder anderen Dank jetzt. Daß der Text vor allem für Chor gesetzt wurde, dürfte den Beteiligten ebenso gelegen haben, denn schon im Eingangschor mußten sie mit fugierten Einsätzen eine klare Struktur schaffen, die außerdem »leuchten« sollte. Insofern war es schön, daß die Mühen der Vorbereitung in zwei Aufführungen mündeten statt in nur einem Konzert.

Die Instrumentalisten stützten dabei den Klang beträchtlich und malten die Sopran-Arie »Er segnet, die den Herrn fürchten« mit aus. Die Gesangssoli hatten Eva-Maria Knauer und Simone Weinmann (Sopran), Jochen Schubert (Tenor) und Clemens Geuther (Baß) übernommen. Vor allem das Duett von Tenor und Baß gefiel dabei mit seiner Ausgewogenheit und der emotionalen Hingabe und Sicherheit. Den Schlußchor bzw. die Amen-Fuge führten noch einmal die Solisten an. Mit dem Choral »Was Gott tut, das ist wohlgetan«, den Bach in verschiedenen Fassungen für seine Kantaten verwendet hat, fügte der Chor jener Kantate, die ausnahmsweise mit einem Chor endet, ein ergänzendes Schlußwort an.

Die Triosonate – ob nun von Telemann oder nicht, war vollkommen egal – sorgte im ausgewogenen Wechsel der beiden Violinen mit dem zur eigenständigen Stimme gewachsenen Basso continuo um das Violoncello für Anregung. Die Ecksätze durfte jeweils die zweite Violine beginnen (diese Extravaganz spräche vielleicht für Telemann), der mittlere erinnerte ein wenig an das »Albinoni-Adagio« von Remo Giazotto.

Mit dem Abendlied »Die Sonne ist gesunken, der Riese Tag legt sich zur Ruh« von Josef Baumhof (Text: Hermann Claudius) verabschiedete sich der Chor.

29. September 2025, Wolfram Quellmalz

Die Reihe der Musikalischen Vespern in der Moritzburger Schloßkapelle, sonst von Ulrike Tietze gestaltet, kehrt im kommenden Jahr wieder.

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