Literarischer Küchenkalender bleibt erhalten
Als Sybil Gräfin Schönfeldt vor drei Jahren starb, hatte sie zwar redaktionell vorgesorgt, der neue Literarische Küchenkalender lag bereits vor, der nächstfolgende war vorbereitet, doch irgendwann ist auch der beste Fundus erschöpft. Dem Verlag Edition Momente ist es gelungen, mit den Erben eine Vereinbarung zu treffen, so daß der schöne Kalender seinen Lesern erhalten bleibt, ohne sein Wesen zu verändern. So steht auch auf der Ausgabe 2026: »Sybil Gräfin Schönfeldts Literarischer Küchenkalender«, und auch der Titel, diesmal mit einer Szene aus Hard-»Boiled Haggerty« (1927) mit Milton Sills und Molly O’Day, fügt sich ins bewährte Format. Dennoch ist es keine Neuauflage mit alten Blättern – Brigitte Lotz und Susanne Nadolny sind als neue Autorinnen zum Redaktionsteam gestoßen und haben Buchszenen und Rezepte ausgewählt, dazwischen bleiben einige von Sybil Gräfin Schönfeldt erhalten.
Im Grunde ist es ein Eigentor, diesen Kalender zu erleben – regelmäßig passiert es, daß Bücher, die auf den 53 Monatsblättern vorgestellt werden, kurz darauf in der Bibliothek entliehen sind – da waren wohl viele neugierig geworden! Wir entdecken jedes Jahr mindestens einen Autor oder eine Autorin neu für uns, diesmal zum Beispiel Edna O’Brien im Sommer. Von den Rezepten ganz zu schweigen – die Sammlung der aufgehobenen, einsortierten und nachgekochten Blätter ist mittlerweile ebenso beträchtlich.
Im kommenden Jahr gibt es wieder eine reiche Auswahl: fünf Suppen, sieben Gemüse- und Beilagenrezepte, vierzehn kleine Gerichte, sechsmal Fische und Schalentiere, außerdem dreizehn Varianten von Fleisch, Wild und Geflügel sowie acht Mal Desserts, Gebäck und Getränke könnten auf den Tisch kommen – Grundrezepte und grundlegende Anweisungen werden mitgeliefert.
Mögen Sie also (wieder) probieren? Wir werden Klassikern von Charles Dickens, Ernest Hemingway, Antje Rávik Strubel und Grazia Deledda begegnen, aber auch unbekanntere Autoren wie Helon Habila oder Teresa Präauer entdecken. Hermann Broch singt uns gleich zum Jahresbeginn ein »Kulinarisches Liebeslied«, Djuna Barnes serviert eine Kressesuppe mit Räucherlachs, Marina Frenk eine Pilztarte. Etwas deftiger wird es mit Elsässer Winzerpastete (Émile Zola), wonach Anatole France – passend an der Grenze zwischen September und Oktober, eine Quittenpaste vorschlägt. Also – keine Zurückhaltung!
November 2025, Wolfram Quellmalz

Brigitte Lotz und Susanne Nadolny sowie Sybil Gräfin Schönfeldt (Archivtexte) »Sybil Gräfin Schönfeldts Literarischer Küchenkalender 2026«, Wochenkalender, Edition Momente, mit Texten und Rezepten, 60 Blätter, 25,- Euro, 19,2 × 31,5 cm