Vesper in der Schloßkapelle Moritzburg
Musik komponierender Gambisten stand gestern im musikalischen Mittelpunkt der Vesper in der Moritzburger Schloßkapelle. Während Tonsetzer in der Regel für viele Instrumente schreiben, die sie selbst nicht spielen können (spätestens, wenn sie sich Orchesterwerken zuwenden), gibt es eine Zahl von Spezialisten, die überwiegend oder ausschließlich für ihr eigenes Instrument komponier(t)en, man denke nur an Frédéric Chopin.
Im Europa des 16., 17. und 18. Jahrhunderts gehörten Gambisten, solistisch sowie in Consorts, zu den führenden Musikern. Manche sind uns heute noch (zumindest in der Alte-Musik-Szene) gut bekannt, andere Namen weniger geläufig, einige Werke sind anonym überliefert. Wie das Benedictus à 2, einem Duo für Gamben, mit dem Arno Jochem de La Rosée und Heike Maria Hümmer die Vesper begannen.

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Kaum ein Instrument scheint so unmittelbar das Herz, die Seele zu erreichen wie die Gambe, selbst wenn man streiten kann, welches denn nun der menschlichen Stimme wirklich am nächsten kommt (dann sind Viola, Oboe oder Cello auch vorn dabei). Diego Ortiz, John Ward, William Young … – sie alle haben bezaubernde Werke hinterlassen, vielfarbig, affektreich und durchaus mit Humor. Die Stücke appellierten an die Phantasie, folgten gesanglichen Linien oder waren in Suiten gebunden, die noch an die zugrundeliegenden Tänze erinnerten.
Nicht nur das wegen des Wetters immer wieder notwendige Stimmen der Instrumente war eine Herausforderung für die Spieler – vieles war technisch anspruchsvoll bis vertrackt. Oder wie Arno Jochem de La Rosée sagte: wenn ein Gambist für sein Instrument schreibt, macht es das nicht unbedingt einfacher …
Insofern bezauberten die Airs und Suiten von John Hingeston, Gottfried Finger und Johann Schenck ganz besonders. Bei Tobias Hume, von dem auch ein fröhlicher Einfall (»A merry conceit«) zu hören war, entlehnten Arno Jochem de La Rosée und Heike Maria Hümmer den Titel der Vesper, denn Hume hatte es als Soldat bis zum Rang eines Hauptmanns geschafft – Leib und Leben habe er dem Militär verschrieben, aber seine Seele der Gambe, soll er gesagt haben. »The Spirit of Gambo« stand als zweites Stück von Hume auf dem Programm.

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Pfarrer Christof Heinze erinnerte in seiner Andacht an den Abt, Kirchenlehrer und Mystiker Bernhard von Clairvaux, der – am 20. August 1153 verstorben – für ihn schon früh ein Vorbild wurde, weil er mit (oder in) einer Zerrissenheit gelebt habe. Einerseits dem Drang nach Leben, andererseits in ständiger Auseinandersetzung, zum Beispiel Intrigen widerstehend. So gelang es ihm, wesentlich zum Netzwerk des Zisterzienserordens beizutragen.
Mit Johann Schencks Sonata XI in G sorgte das Gambenduo für einen zunächst beschwingten Ausklang, der in einer Ciacona gipfelte.
21. August 2023, Wolfram Quellmalz
Tobias Hume lag einst im Streit mit John Dowland, welches Instrument besser geeignet sei, die menschliche Stimme zu begleiten – die Gambe oder die Laute. Nach dem Gambenduo gestern werden am 3. September zur nächsten Vesper zwei Erzlauten (Olivia Iancu und Claudiu Lobont) in der Moritzburger Schloßkapelle erwartet.
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