31. Batzdorfer Barockfestspiele
Irgendwann wird ein Ensemble, für das es kein historisches Vorbild gibt, selbst zur Historie und zum Vorbild. Zwar können die Batzdorfer Hofkapelle und das »Schloß« Batzdorf bis heute keinen königlichen Hofherren vorweisen, doch hat die Kapelle seit ihrer Gründung 1993 in zahlreichen Konzerten und Aufnahmen unzweifelhaft seine Spuren hinterlassen.
Am vergangenen Wochenende gingen bereits die 31. Batzdorfer Barockfestspiele zu Ende. Natürlich musizierte das Hausensemble neben Gästen selbst, wie im Programm »Zepter oder Zauberstab« mit Sopranistin Hanna Zumsande um die Frauenfiguren bei Georg Friedrich Händel am Wochenende. Und natürlich waren die Festspiele nicht unlöslich im Barock verankert – dazu ist der Ort wohl auch zu romantisch.
Am Dienstag zuvor begann der musikalische Teil des Programms mit »Welt, gute Nacht« überraschend düster. Denn anders als zum Beispiel in Johann Sebastian Bachs Kantate »Ich habe genug« (BWV 82), in der geradezu fröhlich Abschied genommen wird, waren die Texte vor allem von Trauer (um Liebe oder Leben) und Abschiedsschmerz geprägt. Die Vertonungen stammten überwiegend von Mitgliedern der Thüringer Familie Bach: Heinrich, Johann Michael und vor allem Johann Christoph, dazu anonym überlieferte Texte und andere Komponisten, wie Giovanni Valentini und Johann Krieger.
Trotz aller Düsternis schlug das Programm aber nicht auf die Seele, verlor sich nicht in Melancholie. Schon deshalb nicht, weil die Texte das Thema dezidiert auffaßten, eben doch Trost gaben oder ein Licht auf diesem Teil des Lebensweges waren. Joowon Chung (Sopran), Yosemeh Adjei (Altus), Christopher Renz (Tenor) und Steven Klose (Baß) sangen die geistlichen Lieder, Arien und Motetten meist solo, beginnend mit Johann Christoph Bachs an Henry Purcells »Remember me« erinnerndes »Mein Freund ist mein und ich bin sein«, überzeugten individuell mit großer Verständlichkeit und starkem Ausdruck. Zweimal wuchsen sie zum Ensemble, in »Es ist aus«, ebenfalls von Johann Christoph Bach, dramaturgisch Strophe um Strophe bis zum a cappella am Ende.
Die Batzdorfer Hofkapelle begleitete flexibel, reich instrumentiert bis in feine Passacaglia– und Marschrhythmen, spielte farbige Sonaten zwischen den Liedern oder begleitete allein mit zwei Lauten Christopher Renz in wunderbar erzählerischen Liedern (anonym: »Weint nicht um meinen Tod«, Adam Drese: »Nun ist alles überwunden«).
Der Donnerstag darauf führte die Musik des Böhmen Johann Joseph Rösler, um dessen Wiederentdeckung sich Alena Hönigová verdient macht, tief in die Romantik. Am Pianoforte begleitete die Pianistin Anna Hlavenková (Sopran) und Jan Kobow (Tenor), die Röslers Lieder fein ausmalten. Bettina Zimmermann setzte dies erneut in einem Live-Painting in echte Bilder um. Mit wenigen Strichen und Tupfen gelangen ihr charakteristische Gesichtszüge, vor allem aber stimmungsvolle Bilder, die mit kleinen Details wie Mondschatten anregten, aber nicht zu konkret jedes Wort illustrierten, das gesungen wurde.

Liederabend mit Alena Hönigová (Hammerflügel), Anna Hlavenková, Jan Kobow und Livepainting von Bettina Zimmermann, Photos: Phagentur, © Pavel Hlavenka
Etwas schade war, daß die Liedtexte (neben Johann Wolfgang von Goethe und Johann Georg Jacobi unter anderem Christian Felix Weisse und Ludwig Heinrich Christoph Hölty) im Programmheft fehlten, schon weil einige auf tschechisch oder italienisch gesungen wurden. Auch erwiesen sich Anna Hlavenková und Jan Kobow nicht als explizite Liedinterpreten (wofür man in der Region natürlich Beispiele kennt und vergleichen kann) – bei der Sopranistin war die Verständlichkeit nicht immer gegeben, Jan Kobow ließ im Ausdruck noch manchen Spielraum aus. Was dem stimmigen Gesamtkonzept jedoch keinen Schaden zufügte, da es trotzdem im Eindruck geschlossen blieb.
4. September 2023, Wolfram Quellmalz
31. Barockfestspiele