Soirée »Auftakt!« der Semperoper als Ausblick auf die Spielzeit

Portal der Semperoper, Photo: Sächsische Staatsoper, © Jochen Quast
Der »Auftakt« kündigt traditionell die wichtigsten (Neu)produktionen der Semperoper an, soll Einblicke geben und neugierig machen, und das auf viele ganz unterschiedliche Werke. Die eben begonnene Spielzeit hält viel bereit, unter anderem 29 Wiederaufnahmen, neun Neuproduktionen, davon drei Uraufführungen. Gleich zwei Ausschnitte gab es aus den letzteren, und Gordon Kampe (UA des Balletts »Der 35. Mai oder Konrad reitet in die Südsee« am 15. Dezember) war wie Detlev Glanert (UA der Oper »Die Jüdin von Toledo« am 10. Februar) für die Präsentation nach Dresden gekommen. Mit dem Elektropolis-Scherzo (Kampe) gab die Sächsische Staatskapelle unter der Leitung des Semperopern-Studienleiters Johannes Wulff-Woesten eine anregende instrumentale Kostprobe, Sopranistin Heidi Stober übernahm in einer Szene die Rolle der Rahel. Wie auch bei anderen modernen Nummern (unter anderem Ouvertüre zu Thomas Adès‘ »Powder her face«, Premiere am 20. Oktober) zeigte sich: während die Oper früher Belcanto pflegte oder genußvoll schwelgte, sind unsere Zeiten ganz schön schrill. Aber sie sind schön schrill! Johannes Wulff-Woesten gelang es immer wieder, die Kapelle neu einzustimmen und schmissige, mitreißende Musik hervorzubringen, die Lust macht, mehr vom Werk kennenzulernen. Dazu zählte die Ballade »Starving in the Belly of a Whale« aus dem Musical »Woyzeck« von Robert Wilson, Tom Waits und Kathleen Brennan mit Lawson Anderson als beeindruckenden Baß bis Subbaß. Im Juni kommenden Jahres wird es über die Bühne von Semper zwei fetzen, standesgemäß dann mit einer Band. Johannes Wulff-Woesten hatte für den einmaligen Auftritt die Erlaubnis erhalten, den Ausschnitt für Orchester zu bearbeiten.
Für Intendant Peter Theiler ist es die letzte Spielzeit am Haus. Auf Nachfragen der Moderatoren Johann Casimir Eule und Benedikt Stampfli aus seinem Dramaturgie-Team, worauf er sich nun freue oder in den letzten Jahren besonders stolz gewesen sei, antwortete er im eingeschobenen Gespräch zunächst zurückhaltend-vorsichtig, nannte aber schließlich doch ein paar Produktionen: für Hector Berlioz‘ »Benvenuto Cellini« habe er viel übrig, die letzte Neuproduktion der Saison sei dann seine insgesamt dritte des Stückes, auch auf »Die Frau ohne Schatten« oder Detlef Glanerts »Endlich hier!« freue er sich besonders. Stolz sei er natürlich auf solche Projekte wie »Moses und Aron« oder die Wiederaufnahme des »Rings« in der Vergangenheit.
Natürlich werden die Klassiker in der Spielzeit nicht fehlen. Elena Gorshunova setzte mit der Cavatine der Teresa aus Berlioz‘ »Benvenuto Cellini« und »Vida! Nestesti!« (Arie der Katja aus »Katja Kabanowa«, Premiere im April) brillante Glanzpunkte, mit dem Zwischenspiel und der Szene »Ihr Gatten in den Häusern dieser Stadt« (Lawson Anderson, KS Matthias Henneberg, Sebastian Wartig und Ilya Silchuk ein Bonbon!) gab es einen dezidierten Ausblick auf Richard Strauss‘ »Die Frau ohne Schatten« (März / April). (Merkwürdig nur, daß die Moderation meinte, den Gattenbegriff erklären zu müssen.) Etwas unklar blieb, was an der Schwanensee-Produktion (UA am 9. Dezember) denn neu sein wird. Die Musik von Peter Tschaikowskis Ballett zumindest ist geblieben und schürte die Neugier.
Tomislav Mužek hatte das Publikum zu Beginn mit Giacomo Puccinis »Nessun dorma« eingestimmt (Premiere »Turandot« am 7. Oktober), Magdalena Anna Hofmann und Štěpánka Pučálková versetzten die Barcarolle aus Jacques Offenbachs »Les Contes d’Hoffmann« in sanfte, durchdringende Schwingungen. Wem das noch nicht genügt hatte, der bekam am Ende Strauß und Strauss serviert – auf das Finale aus »Die Fledermaus« (gesamtes Ensemble) folgte noch ein bißchen Walzer aus »Der Rosenkavalier« mit der Staatskapelle.
13. September 2023, Wolfram Quellmalz