Helle Trauermusik

Gedenkkonzert des Dresdner Kammerchores

Musik ist einer der besten Wege oder eines der besten (vielleicht das schönste) Mittel, mit Trauer umzugehen. Das gilt für die Klage über den Verlust ebenso wie für das Formulieren des Gedankens, was »danach« kommen mag. Zwischen Himmel und Auferstehung gibt es vieles, dem Hoffnung Ausdruck geben kann. Komponisten haben zu konkreten Anlässen, aber auch in strukturell festgefügten Werken wie Messen zahlreiche Beispiele dafür gegeben. Am Montag richtete der Dresdner Kammerchor sein Ohrenmerk auf Werke der Barockzeit. Ihm zur Seite stand das Dresdner Barockorchester um Margret Baumgartl.

Gedenkkonzert des Dresdner Kammerchores in der Annenkirche, Photo: Dresdner Kammerchor, © Joschua Vlasanek

Immerhin war es auch ein Konzert unter der Leitung des Kammerchor-Gründers Hans-Christoph Rademann, der momentan für das Bach-300-Fest viel an der Internationalen Bachakademie Stuttgart sowie mit der Gächinger Kantorei Stuttgart beschäftigt ist und sich in Dresden teilweise vertreten läßt, wie beim nächsten Konzert des Kammerchores.

Mit Jan Dismas Zelenkas Miserere c-Moll (ZWV 57) kehrte der Chor zu jenem Komponisten zurück, der ihn seit einigen Jahren immer Anfang Oktober beschäftigt (Zelenka-Festival, NMB berichteten). Später gab es den Miserere-Text noch einmal im A-cappella-Kleid von Gregorio Allegri. Während bei Zelenka das Orchester mit wohlgesetzten Akzenten und markanten Betonungen schon zu Beginn für einen das Publikum erfassenden Eindruck sorgten, verließ sich der Dresdner Kammerchor in der Fassung von Gregorio Allegri auf seinen homogenen, äußerst geschlossenen Gesamtklang. Dort sorgten die Solisten (Catalina Bertucci / Sopran, Jaro Kirchgessner / Altus, Georg Poplutz / Tenor sowie Martin Schicketanz / Baß) auf der Orgelempore nicht nur dafür, daß die gregorianischen Teile eingebunden wurden, sondern trugen zur dramaturgischen Kontrastüberhöhung des reinen Gesangs bei. Zelenka wiederum erreichte dies mit Wechseln der Solisten aus Sängern und Instrumentalisten.

Das Orchester durfte seine Qualitäten bei Johann Georg Pisendels Sonate c-Moll (J. III 2b) vorzeigen. Eine kluge Wahl, wirkte das Stück nach Johann Sebastian Bachs »Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir« (BWV 131) im Gestus doch wie die Sinfonia einer weiteren Kantate, man wartete praktisch darauf, daß der Chor einsetzte – auch das ist typisch für die Programme des Dresdner Kammerchores, die nicht nur qualitativ hochwertig präsentiert werden, sondern durchdacht sind und geschlossen wirken.

Johann Sebastian Bach sorgte mit der Motette »Fürchte dich nicht« (BWV 228) für einen so gelungenen wie verblüffenden Abschluß, steckte doch schon im Ausruf »Fürchtet« zu Beginn die Freude der Gewißheit (daß man sich nicht zu fürchten brauche). Eine Gewißheit, in der es um so schöner war, dem Stimmverlauf, ob fugiert oder nicht, zu folgen. Und zu erleben, wie die Solisten, vom dramatisch schön vibrierenden Sopran bis zum grundlegenden Baß, der sich auch einmal mit dem Basso continuo verband (und zum stabilen Fundament beitrug) den Chor ergänzten.

Dem war nicht viel hinzuzufügen, außer einem weiteren wunderbaren a-cappella-Stück (und noch einem Werk zum Thema Trauer) als Zugabe: Josef Gabriel Rheinbergers Abendlied (»Bleib bei uns, denn es will Abend werden«).

7. November 2023, Wolfram Quellmalz

Im Dezember können sich Freunde des Dresdner Kammerchores auf gleich drei Konzerte freuen: neben ZentralVokal IV (5., Leitung: Stefan Parkman) und dem Adventskonzert (9., Leitung: Hans-Christoph Rademann) steht zu Weihnachten wieder Heinrich Schütz‘ Weihnachtshistorie auf dem Programm. Alle Termine unter:

https://www.dresdner-kammerchor.de

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