Konzert in der Loschwitzer Kirche
Zur Vesperstunde am Sonnabend stand in der Loschwitzer Kirche mit den Musikalische Exequien – Memento mori etwas Besonderes auf dem Programm. Das paßte – nicht nur am Vorabend des Ewigkeitssonntags – auch deshalb gut hierher, weil die Kirche heute jenen Altar beherbergt, der ursprünglich in der Sophienkirche gestanden hat. Dort, an der Wirkungsstätte von Wilhelm Friedemann Bach, dessen Geburtstag sich am 22. November gerade zum 313. Mal gejährt hatte, war er ursprünglich als Begräbnisaltar aufgestellt worden.
Die Dresdner Hofmusik e. V. hatte für Musik von Heinrich Schütz und seinen Zeitgenossen das Leipziger Ensemble amarcord eingeladen, das wieder einmal als Amarcord plus auftrat, also mit weiteren, ihnen nahestehenden Gästen. Allerdings kam es diesmal zunächst zu einem Minus, denn nicht nur eine der angekündigten Sopranistinnen, sondern mit Robert Pohlers auch ein Tenor aus dem Kern von Amarcord, mußten sehr, sehr kurzfristig ersetzt werden. Organist Sebastian Knebel war daher froh, mit Anja Pöche und Friedemann Condé nicht nur binnen Stunden zwei veritable Stimmersatzbesetzungen gefunden zu haben, sondern zudem solche, die sich wunderbar ins Ensemble integrierten.

Einen Teil des Programms absolvierte Amarcord zu fünft, auch einmal zu viert und a cappella. Dazwischen spielte Sebastian Knebel an der großen sowie an der kleinen Orgel: Nach einem Praeambulum in g von Heinrich Scheidemann folgten später kurze Andachtslieder (Choralsätze) Samuel Scheidts Görlitzer Tabulaturbuch sowie noch einmal Heinrich Scheidemann: »Herzlich lieb hab ich dich, oh Herr«. Zwischen den Vokalstücken mit gesungenen Texten blieb das Programm (Konzept: Norbert Schuster) also beim Wort. Gerade der erste Teil mit seinen Wechseln beeindruckte durch die hohe Konzentration.
Das hatte nach der Orgeleinleitung bereits mit einem gregorianischen Ingressus (Asperges me, Domine) begonnen, den Wolfram Lattke (Tenor, bei Bedarf auch im Falsett), Frank Ozimek (Bariton) sowie Daniel Knauft und Holger Krause (Baß) um den Taufstein herum anstimmten. Mit den folgenden Liedern, zunächst Martin Luther und Melchior Franck, wurde die Stimmbesetzung immer wieder verändert, neben Anja Pöche übernahm Heidi Maria Taubert wesentliche Sopran-Partien. Dabei ließen sich kaum Unterschiede in der Geschmeidigkeit oder Geschlossenheit zwischen »Original-Amarcord« und Amarcord plus ausmachen. Gestalterisch gelangen besonders William Byrds Domine, secundum multitudinem und Carlo Gesualdos Peccantem me quotidie, wobei im letzteren der schmale Grat zwischen schwebender Polyphonie und einem Hauch zu stark forciert allerdings überschritten wurde. Leonhard Lechners Libera me Domine stellte danach die Ausgewogenheit schnell wieder her.
Im zweiten Teil erklangen Heinrich Schütz‘ Musikalische Exequien (SWV 279 bis 281), wobei Norbert Schuster die drei Teile im Wechsel mit Michael Praetorius‘ »Mit Fried und Freud« sowie seinem »Hört auf zu trauern und klagen« ablaufen ließ. Carsten Hundt (Violone) und Stefan Maass (Laute) verstärkten die diesmal kleine Cappella Sagittariana um Sebastian Knebel, wobei die beiden Teile erstaunlicherweise keinen übermäßigen Kontrast aufscheinen ließen, auch wenn die Stringenz oder ernsthafte Dichte gerade bei Schütz vielleicht nicht so hoch war wie im ersten Konzertteil.
26. November 2023, Wolfram Quellmalz
Amarcord ist schon bald wieder in Dresden und am 13. Dezember mit einem Weihnachtsprogramm in der Dreikönigskirche zu erleben. Mehr unter:
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