Sopranistin überragt Ensemble

Golda Schultz beim Silvesterkonzert der Sächsischen Staatskapelle

Traditionell unternimmt die Sächsische Staatskapelle Dresden mit dem Partner ZDF vor dem Jahresende einen Ausflug zur Heiteren Muse. Wobei die notwendigerweise fernsehtauglichen Adaptionen nicht immer glücklich und überzeugend ausfallen und das Publikum – wohl auch ein wenig ein anderes als im normalen Sinfoniekonzert – schon einmal die »Einweisung« falsch versteht: Wegen der bemessenen Übertragungslänge bitte enthusiastisch, aber kurz applaudieren, mit Ausnahme am Schluß und nach dem Klavierkonzert. Resultat: Applaus zwischen den Mozart-Sätzen …

Zwar lassen sich Parallelen zwischen Richard Strauss und Mozart finden, gerade in bezug auf die »Hosenrollen« (Cherubino / Octavian) sind sie in der Tat unabweisbar, doch führen solche Argumente noch nicht zwingend zur passenden Stimmung. Waren die Ausschnitte (Ouvertüren und Arien) aus Wolfgang Amadé Mozarts »Le nozze di Figaro« (KV 492), »Don Giovanni« (KV 527) und »Die Zauberflöte« (KV 620) noch geschlossen, schien schon das Klavierkonzert Nr. 21 (C-Dur KV 467 mit Igor Levit – keine Zeit für eine Zugabe) in der Folge nicht ganz passend. Mit der Ersten Walzerfolge aus Richard Strauss‘ »Der Rosenkavalier«, »Traum durch die Dämmerung« sowie dem »Tanz der kleinen Pralines – Springtanz – Galopp« aus »Schlagobers«-Suite gab es immerhin einen Richard-Strauss-Kern, bevor mit Johann Strauß, Franz Lehár und Jaques Offenbach Barcarolle dann der Operette die Bühne überlassen blieb.

Für ein buntes Unterhaltungsprogramm mag es aber ausreichend gewesen sein, Richard Strauss und Mozart kann die Staatskapelle ohnehin »im Schlaf« erwecken. Dagegen fehlte hier und da (schon bei Mozart) etwas die Leichtigkeit. Tugan Sokhiev war bereits mehrfach in Dresden zu Gast und hat sich als ausgezeichneter Sinfoniker mit einem guten Händchen für die Kapelle erwiesen. Vielleicht fehlt ihm einfach die Erfahrung, auch einmal »locker« zu lassen und nicht immer nur zielgerichtet zu arbeiten?

Golda Schultz, Photo: © Vittorio Greco

Bariton Iurii Samoilov konnte bei Mozart (unter anderem »Champagner-Arie«) noch überzeugen, der operettenhaften Schmäh (»Jetzt geh ich ins Maxim«) fehlte ihm indes. Für Štěpánka Pučálková (Mezzosopran) blieb es bei einem Auftritt mit der – allerdings großartig überzeugenden – Barcarolle aus »Les Contes d’Hoffmann« an der Seite von Golda Schultz. Die südafrikanische Sopranistin machte den Abend zur ergötzlichen Sternstunde! Es gelang ihr mit Leichtigkeit, von Mozart zu Strauss und Strauss / ß oder Offenbach zu springen. Und das mit Vergnügen – mit kleinen Gesten neckte sie ihren Partner oder den Dirigenten, gewann das Publikum mit Charme, Witz und Koloraturen, deren rollendes »R« und goldenes Vibrato bis in die Klangfarben des Orchesters zu reflektieren schien …

1. Januar 2023, Wolfram Quellmalz

https://goldaschultz.com

Die Konzertübertragung ist weiterhin in der Mediathek des ZDF abrufbar.

https://www.zdf.de/kultur/musik-und-theater/silvesterkonzert-aus-der-semperoper-106.html

Hinterlasse einen Kommentar