Rossinis »Aureliano in Palmira« und Carissimis Oratorium »Jephte«
Seit 2008 leitet Jan Tomasz Adamus die Capella Cracoviensis. Nun kommt das Originalklangensemble zweimal in fünf Tagen nach Dresden, macht aber auch musikalisch einen Zeitsprung: Am Freitag erklingt Gioachino Rossinis »Aureliano in Palmira« in einer konzertanten Fassung, Mittwoch kommender Woche wird Giacomo Carissimis Oratorium »Jephte« szenisch dargestellt. Neben dem Orchester und dem Chor der Capella Cracoviensis unter der Leitung von Jan Tomasz Adamus ist unter den Solisten auch der Countertenor Franco Fagioli zu erleben.

Rossini ist für seine Opern berühmt. Der »Barbiere« gehört zu den beliebtesten überhaupt, »Cenerentola« ist ein Super-Weihnachtsprogramm. Und wer es dramatischer mag, schaut sich »Semiramide« an. Scheint »Aureliano in Palmira« dagegen nicht wie das reinste Durcheinander? Worin liegt der Reiz des Werkes? Jan Tomasz Adamus kann den Vorwurf entkräften: »Fast alle Opernlibretti sind das ›reinste Durcheinander‹ oder ›kindisch‹. Musik ist eine abstrakte Kunst, das bedeutet, daß in jeder Musik drei Dinge wichtig sind: 1. Musik 2. Musik 3. Musik – der Text ist nur eine Inspiration. Rossini hat zuerst »Aureliano« und dann »Barbiere« geschrieben, und seine Musik ist erstaunlich, sexy, aufregend!«
Und Carissimi? Was hat uns seine »Jephte« im Gegensatz zu Händels »Jephta« zu sagen? Noch einmal Jan Tomasz Adamus: »Carissimi hat das Oratorium als musikalische Form erfunden – sein Jephte ist sehr berührend, der Schlußchor ein Meisterwerk! Und die Geschichte über Ajelet, die Tochter von Jephte, ist sehr tragisch. Sie zeigt, wie gefährlich Religion sein kann, wie gefährlich Menschen mit ›verschlossenem Geist‹ sind«.

Zwischen den Werken von Rossini (19. Jahrhundert) und Carissimi (17. Jahrhundert) liegen fast zweihundert Jahre – die Capella Cracoviensis ist in beiden Zeitaltern zu Hause und folgt dem Verlauf und der Entwicklung der Instrumente. Das spiegelt sich bei den Aufnahmen wider: Sie hat unter anderem Vivaldi und Bach eingespielt, aber auch Stanislaw Moniuszkos Nationaloper »Halka« aufgenommen und mit der Sopranistin Nadine Sierra Verdi, Donizetti und Gounod auf CD und LP gebracht. In welcher Zeit ist das Orchester am ehesten »zu Hause«? Sein Leiter drückt es so aus: »Unsere Arbeit ist wie eine lange Reise. Wir sind leidenschaftlich in der Musik – Lassus, Gabrieli, Schuetz, Handel, Haydn, Schubert, Moniuszko, Brahms, Szymanowski oder Arvo Pärt – das ist unsere Welt. Ich weiß, daß die Leute eine kurze Botschaft erwarten: nur Barock oder nur Polyphonie oder nur Romantik, aber nein – das ist eine lange Geschichte, ein langes künstlerisches Leben. Wir interessieren uns für die Neugier der Welt!«
11. September 2024, Wolfram Quellmalz
Freitag, 13. September, 19 Uhr, Lukaskirche Dresden: Gioacchino Rossini »Aureliano in Palmira« (konzertant), Capella Cracoviensis, Orchester & Chor, Franco Fagioli (Countertenor) und andere, Leitung: Jan Tomasz AdamusMittwoch, 18. September, 19:30 Uhr, Dreikönigskirche Dresden: Giacomo Carissimi, Oratorium»Jephte« (szenisch), Ensemble Capella Cracoviensis (Krakau), Solisten, Leitung: Jan Tomasz Adamus
Achtung, Änderung! Wegen der Hochwasserlage / beschädigten Straßen in Polen kann die Capella Cracoviensis am Mittwoch (18. September) nicht anreisen. Die für 19:30 Uhr geplante Aufführung von Giacomo Carissimis Oratorium »Jephte« in der Dreikönigskirche Dresden muß vorläufig entfallen, soll aber zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. Wir werden Sie rechtzeitig informieren.
Eintritt: 20 Euro (ermäßigt: 12,-)