Bach verdichtet, Bach am Gipfel

Orgelkonzert zur neuen CD von Johannes Krahl

Vor fast genau einem Jahr ist Johannes Krahl in Dresden zum Orgelzyklus eingeladen gewesen. Damals lernte er die Silbermann-Orgel in der Hofkirche kennen – und lieben. Denn das Instrument trug wesentlich zu einer CD-Idee bei, die keine zwölf Monate später bereits realisiert wurde – seit dem 4. Oktober ist »Conversations« erhältlich. Der Eindruck der Hofkirche und der historischen Altstadt auf Johannes Krahl – der berühmte Canaletto-Blick – trugen manches dazu bei.

Am Freitag stellte Johannes Krahl seine CD »Conversations« am Ort der Aufnahme einem Publikum vor. Die Gespräche oder Dialoge der »Conversations« findet Johannes Krahl in mehreren Ebenen: zwischen Bach und dem Instrument in erster Linie, aber der Organist nimmt an diesem Dialog wesentlich teil und schließt sein Publikum ein.

Sieben Concerti von Johann Sebastian Bach hat Johannes Krahl aufgenommen. Es sind meist Bearbeitungen von Werken seines Dienstherrn Johann Ernst von Sachsen-Weimar oder von Antonio Vivaldi, aber auch Bearbeitungen von Werken Bachs für Tasteninstrumente finden sich darunter: Martin Schmeding, einer der Leipziger Orgelprofessoren, hat das Italienische Konzert (BWV 971) und das Konzert für vier Cembali (BWV 1065) für die Orgel eingerichtet. Über achtzig Minuten vereinigen sich auf der CD, für das Konzert in der Hofkirche hatte Johannes Krahl eine großzügige Auswahl daraus getroffen: Zunächst ein Quartett mit Concerti nach Johann Ernst von Sachsen-Weimar (G-Dur, BWV 592), Antonio Vivaldi (C-Dur, BWV 594), Johann Ernst (C-Dur, BWV 595) und noch einmal Vivaldi (d-Moll, BWV 596). Auf das Italienische Konzert wollte er natürlich nicht verzichten.

Somit begann Johannes Krahl mit dem vielleicht fröhlichsten der Concerti und schloß das Quartett mit Vivaldis luftiger Leichtigkeit, die ganz untrüglich die ursprünglichen Violinen zu erkennen gab. Dabei verbanden sich instrumentale Stimmgruppen (nicht Soli) und Plenum, standen sich charakteristische Konzertsätze gegenüber – nicht nur im direkten Vergleich beginnt das Allegro aus BWV 594 besonders energisch ausschreitend! Dazwischen funkelte das Lichterwerk, das Johannes Krahl filigran im Grave des ersten Contertos auf der Silbermann-Orgel entfaltete. Das dazugehörige Presto wiederum zeigte, wie frei Bach – bei aller Architektur – klingen kann.

Das zweite Concerto nach Antonio Vivaldi (BWV 596) enthielt über die Leichtigkeit von Vogelstimmen hinaus eine große Gesanglichkeit, wandelte mit dem Largo in die ariosen Gefilde einer Kantate. Mit dem Italienischen Konzert fand das Konzert schließlich einen (weiteren) Höhepunkt. Für Bach-Freunde ein Fest, in seiner Dichte durchaus beeindruckend und beanspruchend. Man darf gespannt sein, wie Johannes Krahl seinen Weg fortsetzt – wird er Bachs Bearbeitungen weiter verfolgen? Schließlich gibt es von ihm auch noch Concerti nach Giuseppe Torelli oder den Brüdern Alessandro und Benedetto Marcello. Oder wird er – wie im vergangenen Jahr – zunächst wieder das Orgelœuvre nach Funden wie Richard Bartmuß, August Gottfried Ritter oder Gustav Adolf Merkel durchforsten?

Vorerst gab es noch einen Bach-Nachschlag als Zugabe, das vielleicht festlichste Allegro der CD aus dem Concerto a-Moll (BWV 593).

Oktober 2024, Wolfram Quellmalz

CD-Tip: Johannes Krahl »Conversations«, Orgelkonzerte von Johann Sebastian Bach (1685-1750), Silbermann-Orgel der Katholischen Hofkirche Dresden, Super Audio CD, erschienen bei Ars

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