3. Internationaler Klavierwettbewerb Carl Maria von Weber für junge Pianisten
Preise, kann man manchmal glauben, werden irgendwie beliebig oder »mit der Gießkanne« verteilt. Und mancher Preis oder seine Darstellung scheint zuweilen durchaus zweifelhaft, so daß man sich fragt, für wen er wichtiger ist bzw. wo er mehr »Effekt« hat: beim Preisträger oder beim Preisstifter? Wer die Show zum Opus Klassik am Wochenende gesehen hat, dem kamen wieder solche Fragen …
Doch eigentlich geht es bei Preisen, vor allem Wettbewerbspreisen, beispielsweise für junge Pianisten, doch um etwas anderes: um einen Leistungsstand und Vergleich, die Anerkennung. Noch interessanter wird es, wenn man Wettbewerbe von Beginn über einige Runden beobachtet. Die NMB hatten schon verschiedene Gelegenheiten dazu und konnten zum Beispiel erleben, daß sich die teils sehr jungen Konkurrenten von Violinwettbewerben schon aus anderen, ähnlichen »Wettspielen« kannten und keineswegs in eine konkurrierende Feindschaft geraten, sondern sogar befreundet waren. Daß Konkurrenz Gegnerschaft bedeutet, ist also ein Klischee (welches trotzdem manchmal zutrifft). Viel wichtiger ist gerade für den Nachwuchs oft, solche Situationen kennenzulernen und mit ihnen zu wachsen. Das schließt durchaus ein, zu erfahren, ob man damit, dem Druck und Streß, umgehen kann oder es lieber läßt. Was zunächst vielleicht hart erscheint (der Wettbewerbsdruck in Kinderjahren), darf man nicht falsch einordnen: spielerisch daran teilzunehmen, führt schließlich nicht gleich zum »Schaden«. Und wenn so eine frühe Erfahrung zu einer Wegänderung in die eine oder andere Richtung führt, ist das ein gewünschter Effekt, einer (zu) späten Erkenntnis während oder nach dem Studium sicher vorzuziehen!
In der vergangenen Woche fand in Dresden der der von der Pianistin Mirjana Rajići ins Leben gerufene 3. Internationale Klavierwettbewerb Carl Maria von Weber für junge Pianisten statt und wir konnten einige Vorspiele und Proben des erleben. Siebenundvierzig junge Pianistinnen und Pianisten hatten sich gemeldet, durften in vier Kategorien antreten. Die jüngste, Vanessa Vasilski, hatte kurz vor Beginn gerade ihren neunten Geburtstag (!) gefeiert, die ältesten waren zwischen zwanzig und 25 Jahren alt. Es war erwartungsgemäß auch die am stärksten besetzte Kategorie, denn hier stand bei vielen das Berufsziel wohl fest.
Die Programme konnten die jungen Pianisten (mit Hilfe und Beratung) selbst festlegen. Rahmenanforderungen gab es natürlich: zum Repertoire der ersten drei Kategorien sollte jeweils ein Originalwerk aus dem Klavierschaffen Carl Maria von Webers sowie ein klassisches Stück in Sonatenhauptsatzform gehören, dazu ein Werk aus den Epochen zwischen Barock und Gegenwart. Von den »Großen« wurde ein Werk aus dem Bach-Kanon, eine virtuose Étude und natürlich ebenso Weber verlangt, aber auch Sonatenhauptsatzform und Stilepoche zwischen Barock und Gegenwart (2. Runde) sowie ein Konzertstück mit Orchester (Finale).

Gespielt wurde nach Altersgruppen parallel an den beiden Orten Kretschmerstraße (Sächsisches Landesgymnasium für Musik Carl Maria von Weber) sowie Mendelssohnallee (Villa Rothermundt des Landesgymnasiums) auf Bechstein-Flügeln. Natürlich waren an den beiden Orten zwei Jurys vonnöten. Zu ihnen gehörte unter anderem der Pianist Florian Uhlig, der ab 2014 an der Dresdner Musikhochschule die Jungstudenten des Landesgymnasiums in seiner Klasse betreute hatte. Seit 2019 ist er zwar an der 2019 Musikhochschule Lübeck beschäftig, blieb dem Wettbewerb aber treu.
Bei unseren Besuchen der Vorspiele erlebten wir sehr unterschiedliche, aber stets hochwertige Interpretationen. Interessant waren zwei junge Kandidatinnen aus der Kategorie II. Die beiden etwa 15jährigen Mädchen spielten unmittelbar nacheinander: während die erste spürbar aufgeregt war, aber wunderbar interpretierte und gestaltete, war die zweite weitaus abgeklärter, im Vergleich der Gestaltung aber nicht ganz dem Niveau der Vorgängerin. Nicht nur insofern ist es wichtig, daß Jurys ihre Ergebnisse nicht nur öffentlich bekanntgeben, sondern mit den Kandidaten auch im Austausch sind und ihre Begründung nennen.
Wir erlebten das noch stärker beim Probespiel vor dem Finale der vierten Kategorie. Ekkehard Klemm hatte dafür das Hochschulsinfonieorchester vorbereitet, daß sich am ersten Abend auf drei unterschiedliche Interpretationen des gleichen Stücks einstellen mußte – Robert Schumanns Klavierkonzert a-Moll. Interessant war es zu verfolgen, wie schwierig das gerade für das Orchester ist! Dabei richtete sich der Dirigent ganz nach den Pianisten – also so, wie es auch im Sinfoniekonzert passieren würde – und sprach gegebenenfalls Tempi und Pausen mit ihnen ab. »Wir richten uns nach Ihnen« war keine hohle Phrase.

Den Erfolg konnten wir bereits am Sonnabend im Finale erleben, als sich gegenüber den ersten Proben noch einmal deutliche Steigerungen, bei den Pianistinnen und Pianisten ebenso wie beim Orchester, spüren ließen – so soll es sein!
Am Sonntag durften sich die Preisträger dann sogar auf der Bühne der Semperoper dem Publikum vorstellen. Der Wettbewerb war nun vorbei, der Druck des Auftritts blieb natürlich. Die Preisträgerinnen und Preisträger waren schließlich:
Kategorie I:
- Preis: Eva Hummler (D)
- Preis: Eva Lietz (D), German Mozalkov (Rus) und Maximilian Hongcheng Zhu (D)
- Preis: Veronika Grishechkina (Rus), Anna Smerdova (CZE)
Der Sonderpreis für die Interpretation der Werke von Carl Maria von Weber ging an Eva Hummler.
Kategorie II:
- Preis: Linda Yuan (CHN)
- Preis: Dorothea Hanebuth (D), Jonathan Ng (CND)
- Preis: Mai Furuya (D / J), Adriana Vasilski (D)
Der Weber: Dorothea Hanebuth
Kategorie III:
3. Preis: Daniyl Tyurin (Rus)
Kategorie IV:
- Preis: Lezi Zhang (CHN)
- Preis: Nan Yi (CHN)
- Preis: Aruth Masrangsan (Thai) und Hong-Wei Lee (Tai)
Den Sonderpreis »Carl Maria von Weber« teilten sich Hong-Wei Lee und Piotr Lara (Pol).
14. Oktober 2024, Wolfram Quellmalz