Der Dresdner Kreuzchor und sein Publikum trotzen bei der »Serenade im Grünen« erneut dem Regen
Als einen der letzten großen Gastauftritte außerhalb der Kreuzkirche vor der Sommerreise (25. bis 29. Juni) und den Sommerferien war der Kreuzchor am Pfingstsonntag wieder zur »Serenade im Grünen« bei den Dresdner Musikfestspielen in den Schloßpark Pillnitz eingeladen. Hatte noch vor Jahresfrist an gleicher Stelle ein nahendes Gewitter zunächst die Stimmung bedenklich werden lassen und den Abschluß leicht verkürzt, konnten die Kruzianer diesmal erleichtert feststellen, daß sich Wolkenbrüche frühzeitig ausgetobt hatten und bis auf ein paar vereinzelte Regentropfen und rauschende Blätter – was im Grunde der romantischen Atmosphäre entsprach – keine Unbilden das Konzert beeinträchtigten.

Das Repertoire schöpfte aus dem Reichtum vor allem romantischen Liedgutes, hielt aber wieder ein paar Überraschungen parat. Wobei ganz ungeachtet der Bekanntheit oder Unbekanntheit die erfrischende Art des Herangehens und der Interpretation einnehmend war, was mit dem Dirigat und der Einrichtung der Lieder durch Kreuzkantor Martin Lehmann begann, aber noch im Extra-Einschub der Abiturklasse zu spüren war.

So hatten die Kruzianer nicht nur den Klang, sondern den Schall sinnig mehrfach in ihr Programm eingebaut, etwa durch einen Teilchor, der oberhalb des Zuhörerareals Texte erwiderte, wie in Carl Maria von Webers »Im Wald, wo’s Echo schallt«. Daß der Kreuzchor trotz seiner besonderen Position nicht weltfremd ist, sondern die Kruzianer mitten im Leben stehen, kann man immer wieder erleben. Mancher Textbezug, wie in Johann Friedrich Reichardts »Wach auf, meins Herzens Schöne« schien da noch realistischer, und sei es eine allmähliche Aufheiterung des Himmels betreffend (»die Wolken tun sich färben, aus schwarzer Farb in grau«). So blieb »Ännchen von Tharau« (»Käm‘ alles Wetter gleich auf uns zu schlahn«) als Teil des Kernrepertoires des Kreuzchores musikalisch unbeschadet und wurde interpretatorisch zu einem der einfühlsamsten Beträge.

Neben zahlreichen Klassikern von Johannes Brahms (»Wenn ich ein Vöglein wär«) oder Julius Otto (»Frühlingslandschaft«) und Volksliedern (»Alle Vögel sind schon da«, »Kommt, ihr G’spielen«) hatte Martin Lehmann beliebtes Liedgut wie den Amerikanischen Folksong »Shenandoah« aufs Programm gesetzt. Zu den beliebtesten Beiträgen gehörte aber wohl erneut die immer wieder variierte und vom ganzen Chor neu ausstaffierte »Vogelhochzeit«.
Neu war, daß der Stellvertreter des Kreuzkantors, Chordirigent Sebastian Herrmann, einen eigenen Block Lieder dirigierte, der mit Orlando di Lassos großartigem Madrigal »O la, O che boun eccho!« (Hollah, welch, gutes Echo!), nun wieder mit einem Teilchor oben unter den Bäumen, begann. Auch »Kommt, ihr G’spielen« und Carl Maria von Webers »Maienblümchen« wurden von dieser Aufteilung belebt. Heinrich Werners »Heideröslein« und Friedrich Silchers »Lebe wohl« schlossen Sebastian Herrmanns Teil ab.

Zuvor hatte die Gruppe der Abiturienten – auch das eine Tradition – mit individuellen Hüten maskiert, eine populär-klassische Darbietung eingeschoben, die bei den Comedian Harmonists begann (»Wenn ich vergnügt bin, muß ich singen«), mit »Mein Fahrrad« von Die Prinzen daran erinnerten, daß deren Gruppe neben Ex-Thomanern immerhin einen ehemaliger Kruzianer einschließt, und mit Ben. E. Kings »Stand by me« bis nach Amerika lugte.
Martin Lehmann übernahm für den letzten Abschnitt wieder das Dirigat und erinnerte mit Antonín Dvořáks »Es zog manch Lied ins Herz mir ein«, daß der böhmische Komponist, dessen Sinfonien, Opern und Kammermusik uns so vertraut sind, einige der großartigsten und schönsten Lieder geschrieben hat, aber selbst in romantischen Liederabenden so selten zu hören ist!

Gleichzeitig hatte sich das Programm inhaltlich dem Abend und dem Mond zugewandt. Nach »Kein schöner Land« und »Sandmännchen« (beides Anton Wilhelm von Zuccalmaglio) war Johann Abraham Peter Schulz‘ »Der Mond ist aufgegangen«, gemeinsam mit dem Publikum, der Serenadenabschluß.
9. Juni 2025, Wolfram Quellmalz
Am 21. Juni ist der Kreuzchor vor den Schulferien noch einmal in der Kreuzvesper zu erleben, einen Tag später im Freiberger Dom.