Schüler des Sächsischen Landesgymnasiums für Musik führten Musical »Das Dschungelbuch« auf
Die Produktion hing am seidenen Faden, denn aufgrund der sächsischen Haushaltslage war das Projekt einer Bühnenaufführung der 11. Klasse des Sächsischen Landesgymnasiums für Musik (SLGM) in Gefahr. Die ursprünglich Auswärts vorgesehen Auftritte konnten nicht sicher geplant werden, mögliche Beteiligte (Regisseure) sagten ob der unsicheren Lage ab. Ein Gesamtausfall wäre tragisch gewesen, nicht zuletzt, weil Schülerinnen und Schüler die Produktion seit einem Jahr vorbereitet hatten. Jonas Kerda und Arthur Klein hatten dafür ein Musical »Das Dschungelbuch« geschrieben, welches das bekannte Lied »Probier’s ma mit Gemütlichkeit« des Bären Balu integriert, manches arrangiert, aber auch viele eigene Stücke enthält.

Schließlich fand sich doch eine Lösung, das Stück auf die Bühne zu bringen. Der freiberufliche Regisseur Mario Grünewald entwickelte ein Konzept für eine Aufführung in der Aula des SLGM, fünf Aufführungen wurden es schließlich sogar. Die Schüler von außerhalb waren nach dem Verlust der Gastspielreise nicht ganz abgeschnitten, sondern wurden durch Unterstützung von The Young ClassiX mit dem MusikMobil nach Dresden geholt.
Am 13. Juni schon war die Premiere, wir wollen hier unseren Besuch am 17. Juni nachtragen. Kein schlechter Tag für »Das Dschungelbuch«, denn 75 Jahre zuvor, am 17. Juni 1950, waren in Reinbek bei Hamburg die ersten RoRoRo-Taschenbücher des Rowohlt-Verlages erschienen. Neben »Schloß Gripsholm« von Kurt Tucholsky, Hans Falladas »Kleiner Mann – was nun?« und »Am Abgrund des Lebens« von Graham Greene zählte damals Rudyard Kiplings »Das Dschungelbuch« zum Quartett der ersten Ausgaben.

Am Dienstag der letzten Woche war die Aula dichtbesetzt mit Schülern verschiedener Grundschulen, darunter aus Hartha. Und die waren offenbar von Beginn gespannt und kannten wohl (zumindest die meisten) die Geschichte des Dschungelbuches. Zumindest waren sie bei der Begrüßung von Julia Aldinger, Musikdozentin am SLGM, hellwach. Und auch der gefährlich knurrende Tiger, der von hinten durch die Reihen schlich, konnte sie nicht richtig schrecken. (Was in einem Programm für Kinder ja kaum das Ziel gewesen sein sollte.)

Ohnehin geht es im Dschungelbuch um anderes mehr: um Einsamkeit, Verlassensein, um das Finden neuer Freunde und den Zusammenhalt, das Bestehen von Gefahren. Aber es lenkt den Blick genauso auf Ausgrenzung und Anderssein.
Die Schüler der 11. Klasse und ihre Schülerband konnten dies bestens vermitteln, denn die Musik war so eingesetzt, daß sie die Handlung unterstützte, Spiel und gesprochener Text blieben wesentlich. Die Musik wurde von den Instrumenten agil präsentiert, das Spiel entfaltete sich individuell und einfallsreich. Mogli, Balu, Tiger und Panther, King Louie (der Affenkönig) und vor allem die Wolfsfamilie, die Mogli aufnimmt, waren in Kostümen sowie in Tetx und Aktion nachvollziehbar und spannend dargestellt. Nicht zuletzt gelangen die Gesangnummern, die ja nicht nur Emotionen ausmalen sollten, sondern oft einen wesentlichen Kerngedanken oder eine Befindlichkeit, einen inneren Monolog ausdrücken.

Das junge Publikum quittierte dies nicht nur mit Applaus am Ende, sondern mit einer regen Beteiligung, denn zwischendurch wurde es durchaus zur Handlung oder zu Entscheidungen gefragt, was meist zu einem lauten Chor der Zustimmung (»Jaaaa!«) führte, und durfte beim Fest im Dorf mit Mogli und Balu tanzen.
Da die ganze Produktion bzw. die Ausführung wesentlich in Schülerhand lag, sei nicht vergessen, daß es technisch ebenfalls fehlerfrei ablief. Von der Lautstärkensteuerung bis zum szenischen Licht, das auch einmal gefährlich rot glomm (»es müssen dunkle Mächte im Spiel sein«).

Mogli hat also ein Zuhause gefunden. Daß er den Kampf mit dem Tiger am Ende besteht, dafür aber – als Retter – von jenen, denen er geholfen hat, abgelehnt wird, gibt Denkanstöße. Doch Mogli blieb nicht allein, er hatte seine Familie gefunden – im Dschungel.
JUni 2025, Wolfram Quellmalz