Duos und Septette

Letzter Kammerabend der Spielzeit mit der Sächsischen Staatskapelle

Für den Spielzeitabschluß hatten die Musiker der Sächsischen Staatskapelle noch einmal ein Dreifach-Paket geschnürt, das mit vielen Facetten lockte: ein modernes Werk mit Dresdner Bezügen, eine Uraufführung und einen Meilenstein der Musikgeschichte, den man wegen seiner üppigen Besetzung nicht allzu oft geboten bekommt.

Zu Beginn durften Charlotte (Violine) und Friedrich Thiele (Violoncello) noch einmal vorführen, wie innig der kammermusikalische Austausch von Geschwistern sein kann. Mit Erwin Schulhoffs Duo für Violine und Violoncello gab es einen vorläufigen Abschluß – Friedrich Thiele ist seit 2021 als 1. Konzertmeister Violoncello fest mit dem Orchester verbunden, seine Schwester war es seit der letzten Saison als Akademistin mit Konzertmeisterdiensten auf Zeit. Als Duo treten beide nach wie vor auf und zeigten, wie bei Schulhoff, der eine Zeitlang in Dresden gelebt hat, wie Stimmen miteinander verbunden sind, noch dann, wenn sie teilweise zwar nicht unabhängig, aber eigenständig scheinen – wie Tänzer, die sich nicht berühren und ihre Pirouetten mit einem Abstand vollführen. Im zweiten Satz (Zingaresca. Allegro giocoso) offenbarte vor allem Charlotte Thiele ein feuriges Temperament der Violine, beide imitierten mit verfremdenden Effekten die volkstümlichen oder Balkanklänge bis hin zur Fidel eines Spielmannes (bzw. einer Spielfrau). Das Andantino sorgte als Nachtstück mit Motivverflechtungen für Beruhigung, bevor das Finale Presto fanatico einem wilden Tanz folgte – blitzsauber und virtuos dargestellt.

Charlotte und Friedrich Thiele, Photo: Sächsische Staatskapelle, © Jörg Simanowski

Den Satzbezeichnungen nach folgte das exotischste Stück. Ähnlich wie die Kammerabende der Spielzeit begonnen hatten, mit einer Uraufführung (Jürgen Knauers Trio für Violine, Viola und Kontrabaß), gab es am Ende noch eine Weltneuheit: Settimino moderno von Corrado Maria Saglietti. Es begann mit einem Allegro con swing, ein Vivace con brio schloß es ab. Der Komponist, Stimmgruppenführer der Hörner beim Orchester der RAI, hat sich zwar in der Besetzung an Ludwig van Beethovens Septett Opus 20 orientiert, damit aber eine Melange aus Jazz, Klassik und Filmmusik entstehen lassen. Jean Françaix scheint dabei ebenso »um die Ecke« zu schauen wie Richard Strauss – eine launige Caféhausmusik, die eine Nähe zum Tango oder zu Lateinamerikanischer Musik allgemein nicht scheut.

Den jazzigen Einstieg bzw. dessen groovigen Sound und Rhythmus gaben zunächst Marie-Luise Kahle (Horn) und Henning Stangl (Kontrabaß) vor, bevor die Melodie durch alle Stimmen weitergegeben und -entwickelt wurde. Ohne Zweifel dürfte dieser Reigen auch den Spielern (außerdem Yuki Manuela Janke / Violine, Marcello Enna / Viola, Catarina Koppitz / Violoncello, Jan Seifert / Klarinette und Hannes Schirlitz / Fagott) Spaß gemacht haben. Dabei war die Musik zum Ausklang keineswegs ohne Anspruch. Auf eine flotte Tarantella (dritter Satz) folgte mit dem Adagio appassionato das romantischste Stück, zumindest die teilweise gedämpften Bläser und die Hornstimme folgte dem Gestus einer Romanze, während hier und da Verzierungen und Glissandi die Modernität des Stückes verrieten. Der Satz klang in zauberischem Funkeln aus. Mit dem Vivace con brio schlug Saglietti einen Bogen zum Anfang.

Marie-Luise Kahle, Yuki Manuela Janke, Marcello Enna, Henning Stangl, Catarina Koppitz, Hannes Schirlitz und Jan Seifert, Photo: Sächsische Staatskapelle, © Jörg Simanowski

Nach der Pause blieb die Besetzung unverändert, doch sonst war alles anders. Viel dichter und ernsthafter mag man Ludwig van Beethovens sehen, sein Septett für Klarinette, Fagott, Horn, Violine, Viola, Violoncello und Kontrabaß Es-Dur hinterlegte solche Attribute mit einer Vielfalt motivischer Bezüge. Und da fanden sich, durfte man staunen, gleich viele Duos. Vor allem die flankierenden Instrumente, Violine und Klarinette, traten immer wieder prägend hervor, aber nicht sie allein. Zunächst sorgten sie nach Sagliettis lockerer Stimmung für eine fast sinfonische Gediegenheit. Die Klarinette trat als erste solistisch daraus hervor, wovon sich die Violine anstecken ließ. Eine Harmoniemusik mit Streichern entstand im Adagio – Allegro con brio. Und der ernsthafte Beethoven, von dem wir oft das Bild eines etwas derben, ruppigen Mannes mit einem Hang zu schroffer Offenheit haben? Im zweiten Satz offenbarte ihn das Septett als Menschenfreund, der ein zärtlichstes Notturno geschrieben hat. Mehr und mehr traten – bei Beibehaltung mancher Duo-Bezüge – neue Kombinationen hervor, wie das Quartett der Streicher, das einen sanften Puls vorgab, über dem eine neue Romanze, diesmal mit Violine und Klarinette, erklang.

Sechs Sätze hat Beethoven geschrieben, aber drei bilden im Grunde ein Scherzo, das mal innig, mal frech daherkommt. Mit dem Violoncello voran, mit Violine und Fagott im Duo oder mit Horn und Klarinette ließen die Musiker Beethovens Ideenreichtum stieben, dabei blieb ihre Formation immer geschlossen – bis plötzlich, im letzten Satz, der Primaria die kurze Extravaganz einer Kadenz gewährt war. Ein ebenso gediegener wie festlicher Ausklang!

27. Juni 2025, Wolfram Quellmalz

Auch die nächste Spielzeit beginnt in den Kammerabenden mit Dvořák und Johann Strauss gediegen-heiter (2. Oktober).

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