Bach, Händel und eine Überraschung

Sommerliche Abendmusik in der Heilandskirche Cotta

Die Reihen der Abendmusiken und ähnlicher Veranstaltungen, die während der Sommerferien stattfinden, bieten neben der Musik in der Sommerpause Gelegenheiten, noch nicht oder selten besuchte Orte zu erleben. Das Kirchspiel Dresden-West läßt seine Sommerliche Abendmusik reihum in verschiedenen Gotteshäusern stattfinden. Am Sonntag war die von Kantor Jonathan Auerbach organisierte Reihe im Gemeindesaal der Heilandskirche Cotta zu Gast. Auf dem Programm standen nicht allein bekannte und beliebte Stücke der Kirchenmusik, sondern auch das eine oder andere Wort der Vermittlung.

Gleich am Anfang gab es eine Überraschung, denn den Komponistennamen Mancini verbinden die meisten wohl eher mit dem Amerikaner Henry, der Filmmusik im zwanzigsten Jahrhundert schrieb, unter anderem mit dem Titelthema von »Der rosarote Panther« berühmt wurde. Weit weniger bekannt, ja fast vergessen ist der in Neapel geborene Francesco Mancini, ein Zeitgenosse Antonio Vivaldis. »Fast vergessen« bedeutet bei Komponisten dieser Zeit oft entdeckenswert, und Hans-Christoph Werneburg, Pfarrer im (Un)ruhestand, holte ihn am Fagott mit seiner Frau Ulrike (Flöte) und Ebba Wagner am Cembalo in die Gegenwart der Heilandskirche. An sich klassisch in der viersätzigen Form der Kirchensonate, klangen gerade die schnellen Sätze sehr modern, in den langsamen kehrten Ulrike und Hans-Christoph Werneburg besonders die Gediegenheit heraus. Der Eingangssatz, ein »Amoroso«, geriet zwar lieblich, aber nicht übersüßt. Von wegen Ruhestand – die sichere Virtuosität gerade der beiden Bläser sollte die musikalische Stunde über erhalten bleiben.

Für die nächsten Stücke, bearbeitete Bach-Arien, wechselte Ebba Wagner an die Orgel im Gemeindesaal. Oft hatte sie das Continuo allein zu spielen, weil Ulrike Werneburg (auch einmal an der Block- statt der Querflöte), jeweils die zweite Stimme übernahm oder Begleitung zur Singstimme, die an diesem Abend das Fagott an sich gerissen hatte. Dabei zeigte sich Ebba Wagner nicht weniger versiert und hätte manchmal ruhig noch auffälliger hervortreten können, so blieb vor allem den beiden Solisten viel Gestaltungsraum.

Photo: NMB

Diesen wußten sie aber geschmackvoll auszugestalten, und immer im Zusammenhang mit dem Wort, das im »Hintergrund« stand. Wer einmal als Pfarrer oder in der dezidierten Auseinandersetzung mit der Kirchenmusik gearbeitet hat, also Worte auszulegen weiß, der kann sie auch vermitteln oder ursprüngliche Bezüge herstellen. Nicht nur, weil die gesungenen Worte durch die Stimme des Fagotts vorgetragen wurden, sondern weil sie sich manchmal im Laufe der Jahrhunderte geändert haben. Denn der Text der Ratswechselkantate »Preise, Jerusalem, den Herrn« (BWV 119) wirkte schon in früheren Jahrhunderten auf manche befremdlich, weshalb man die Altarie »Die Obrigkeit ist Gottes Gabe« mit alternativen Worten »Wir rufen dich, du Gott der Gnaden« hinterlegt hat.

Das Fagott übernahm den Alt, durfte mit der Blockflöte im Duett parlieren und fügte – noch einmal im Alt – »Gott ist unser Sonn und Schild« aus der gleichnamigen Kantate (BWV 79) an, nun wieder mit der Querflöte im Verbund.

Inwieweit die Sommermusikreihen Andacht sind oder losgelöst von Konfession zur Musik einladen, wird in den Kirchen sehr unterschiedlich gelebt. Pfarrerin Bettina Klose empfing die Zuhörer nicht nur, sondern sorgte mit Geistlichem Wort und Segen für einen Rahmen, mit »Geh aus, mein Herz, und suche Freud« sowie »Bleib bei mir, Herr« fanden Musiker und Gemeinde darüber hinaus zusammen, wobei es sich das musizierende Trio nicht nehmen ließ, die Einleitung reich und mehrteilig zu gestalten.

In diesem Sinne stand auch »Jesus bleibet meine Freude« als instrumentale Bearbeitung aus der Kantate »Herz und Munt und Tat und Leben« (BWV 147) zwischen den Gemeindeliedern. So blieben, obwohl meist nicht gesungen, die Worte letztlich wesentlich.

21. Juli 2025, Wolfram Quellmalz

Mit Largo und Allegro aus Georg Friedrich Händels Sonate h-Moll verabschiedeten Ulrike und Hans-Christoph Werneburg sowie Ebba Wagner die Zuhörer in den Sonntagabend.

Die nächste Sommerliche Abendmusik im Kirchspiel Dresden-West gibt es am kommenden Sonntag, 18:00 Uhr in der Philippuskirche Gorbitz (»Schätze für Naturtrompete, Gesang und Truhenorgel«).

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