Langes Warten auf The Queen’s Six

Britische a-cappella-Formation beim Musiksommer in Schwarzenberg

Vor fast auf den Tag genau sechs Jahren waren The Queen’s Six zuletzt in Schwarzenberg gewesen – das waren vollkommen andere Zeiten, meinte Kantor Matthias Schubert mit Blick auf die dazwischenliegende Pandemie. Am Montag kamen die Briten wieder in die St.-Georgen-Kirche, doch zunächst hieß es noch einmal warten und ausharren, nicht zuletzt, weil es – anders als beim Musiksommer in St. Georgen sonst – keine freie Platzwahl gab, sondern jeder an der Abendkasse wählen konnte, wo er sitzen wollte. Da war der Beginn schnell um eine halbe Stunde nach hinten verschoben. Und dann durfte man bald noch einmal warten, denn schon nach fünf (!) Titeln und kaum 25 Minuten verabschiedeten sich The Queen’s Six in eine fast halbstündige, nicht angekündigte Pause …

Der Grund lag nicht zuletzt in einer Zweiteilung des Programms, welche »ernsthafte« und Unterhaltungsmusik trennte. The Queen’s Six tragen ihren Namen mit der Würde derer, die in den Mauern von Windsor Castle residieren, also wohnen und zelebrieren, denn die Formation mit Sopranistin Elisabeth Paul sowie Tom Lilburn (Altus), Nicholas Madden und Dominic Bland (Tenor) sowie den Bässen Andrew Thompson und Simon Whiteley sind unter anderem fast täglich für Evensongs (Abendmusiken) und Services (Gottesdienste) der Königlichen Familie in der Königlichen Hofkapelle verantwortlich. Die St George’s Chapel (eine passende Parallele zur St-Georgen-Kirche?) ist nicht eben klein – wie in einer Kathedrale will der Raum also mit Klang gefüllt werden. Daß The Queen’s Six dies vermögen, bewiesen schon die ersten Titel von Michael East sowie Claudio Monteverdis von emotionaler Stimmführung getragenem »Sfogava con le stelle« (darin klagt ein Liebender den Sternen sein Leid). Darin entfaltete sich mit einzeln besetzten Stimmen eine große Polyphonie – das allein hätte genügt, um einen umwerfenden Eindruck zu hinterlassen. Freilich wäre es noch schöner gewesen, die Texte im Programm verfolgen zu können, wie Easts »Hence stars, too dim of light«, das nicht allein vom Blenden der Sterne erzählt, sondern auf deren Leitfunktion und auf die Mythologie verweist.

Kirchliche Pracht, stimmlicher Glanz: The Queen’s Six in der Kirche St. Georgen Schwarzenberg, Photo: Hacker Musik Management, © Marcus Hartelt

Diese Stimmlichkeit und Stimmigkeit war nicht nur berückend, sie unterscheidet The Queen’s Six von anderen britischen Ensembles mit königlichen Namen, die trotz hoher Gesangskunst gleichförmig bleiben, noch in den Arrangements. The Queen’s Six dagegen interpretieren ebenso rein, wie sie die Besetzung auf vier oder fünf Stimmen reduzieren, wenn es naheliegt (wie bei Monteverdi), sie präsentieren aber auch überzeugende, ausgewogene Bearbeitungen. Easts eigentlich nur fünfstimmiges Madrigal trugen sie zu sechs vor. Mit »This endris night« von Sarah Quartel und »Mapping the stars« des Londoner Komponisten Toby Young hatten sie zeitgenössische Musik von Autoren im Programm, die sich dezidiert sakralen Werken widmen.

Was oben hinsichtlich Stimmlichkeit und Qualität gesagt ist, galt nicht minder für den zweiten Teil. Die Sterne (stars) waren das bindende Glied zwischen den Titeln, und wo es am Zusammenhang gebrach, erklärten The Queen’s Six dies – allerdings auch dort, wo es nicht eines Kommentars bedurft hätte. Die deutschen Moderationen waren gewitzt, so stellten sich die sechs Sänger als Briten dar, denen es schwer fiele, »locker« zu sein oder verwiesen »großzügig« darauf, daß sie heute abend ausnahmsweise am CD-Stand Euro akzeptierten. Das bewies eine erfrischende Selbstironie, trotzdem waren die Moderationen nach jedem zweiten Lied ein wenig viel zu viel. Das zog nicht nur das Programm in die Länge, es unterbrach die Konzentration, nicht zuletzt des Programms selbst. Trotzdem muß man anerkennen, daß selbst die schönst gedrechselten Eigenlobpreisungen (Charles Dickens hätte applaudiert!) penibel eingeübt waren. Denn so überzeugend sie vorgelesen wurden – vor der Zugabe bekannten The Queen’s Six, daß sie kein Wort Deutsch beherrschten.

Tenor Dominic Bland als Frontsänger Elisabeth Paul, Tom Lilburn, Simon Whiteley Nicholas Madden und Andrew Thompson als stimmliche Umgebung, Photo: Hacker Musik Management, © Marcus Hartelt

Die Stars blieben im Programm, The Vatican Rag des zwei Tage zuvor verstorbenen Tom Lehrer schlug eine Brücke vom zeremoniellen Gebetsvortrag mit Glöckchen zum rhythmisch gepulsten Unterhaltungssong.

Von hier ging es durch die Filmmusik mit Disney-Anleihen (»When you wish upon a star«, »A star is born«) bis zum Pop der achtziger Jahre (»Heaven is a place on earth«, »We built the city«, »Video killed the radio star«), und selbst da mußte der, der sich lieber mehr von Teil 1 gewünscht hätte, die hohe Qualität in Bearbeitung und Vortrag anerkennen, denn beiderseits blieben The Queen’s Six geschmackvoll, selbst in rhythmisch betonten und mit human sound machine unterlegten Titeln.

Kein Platz mehr frei: Kirche St. Georgen Schwarzenberg am vergangenen Montagabend, Photo: Hacker Musik Management, © Marcus Hartelt

Trotzdem: mehr Musik, weniger Reden, das wär’s doch gewesen. Auch die Verabschiedung von Kantor Matthias Schubert zog sich in die Länge, da war die Zugabe, »God save the King« schon längst verklungen.

29. Juli 2025, Wolfram Quellmalz

Der Musiksommer in St. Georgen Schwarzenberg findet noch bis zum 25. August jeweils Montag, 19:30 Uhr, statt (Abschlußkonzert mit dem Dresdner Barockorchester). Kommenden Montag heißt es »Aus Liebe zum Leben« mit der Kleinen Kantorei St. Georgen (Eintritt frei).

http://www.hmm-dresden.de

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