Heinrich Schütz Musikfest feierte »Himmlisch Maß und irdisch Klang« in der Dresdner Frauenkirche
Der Dresdner Abschluß des Heinrich Schütz Musikfest (HSM) bot am Sonnabend das Hathor Consort um Gambistin Romina Lischka in der Unterkirche der Frauenkirche. Dabei erwies sich vor allem das Instrumentalensemble, das auch einmal als reines Gambenconsort auftrat, als Klangzauberer. Die Gesangssolisten waren dagegen solide, aber nicht von gleicher Qualität bzw. hatten nicht immer ein ausgewogenes Niveau.
»Himmlisch Maß und irdisch Klang, Erdverwurzelte und himmelsstrebende Werke« versprach das Programm, und spielte damit nicht nur auf die Klänge von Heinrich Schütz, Johann Christoph Bach, Matthias Weckmann und Franz Tunder an, sondern auch auf die vertonten Texte. Teils stammten sie aus Büchern der Bibel, teils waren sie anonym überliefert, aber es gab ebenso namentlich bekannte Urheber.

»Es ist nun aus mit meinem Leben« von Johann Christoph Bach bildete das Eingangsstück. Etwas unglücklich waren nur die ersten beiden Strophen ausgewählt, dabei entwickelt die Motette doch eigentlich im ganzen erst eine stetige Kraft. Letztlich gaben die Künstler die sechste Strophe, nun mit Begleitung, als Zugabe nach. In der a-cappella-Fassung des Beginns offenbarte sich jedoch ein Ungleichgewicht der Stimmen. Baß Peter Kooij überzeugte am stärksten, dicht gefolgt von Sopranistin Hanna Morrison, während der etwas leise Tenor von Charles Daniels ein wenig »verschwand«.
Mit dem Schütz-Schüler Matthias Weckmann nahm das Consort seine Rolle als Begleiter und Mitgestalter auf und sorgte für eine farbige instrumentale Interpretation des nun vom stärker ausgeglichenen Trio Alt (Countertenor, Marnix De Cat), Tenor und Baß vorgetragenen Textes. Vor allem die Verteilung der Verse auf die Stimmen gelang auf erfrischende Weise, was die Violine (Christine Busch), die nun ebenfalls kantable Soli hatte, noch verstärkte. Verdient, aber ein wenig störend erhielten die Musiker daraufhin Zwischenapplaus.
Johann Christoph Bachs »Wie bist du denn, oh Gott« erwies sich danach als affektvoll gestaltetes Stück, das nicht nur dem gedehnten »Weinen« die nötigen Mittel erwies, sondern das das drohende Fallen in den Abgrund der dritten Strophe (»Willst du mit mir nun zürnen ewiglich?«) beklemmend hörbar werden ließ – der Schlußsatz fing dies in Text und Musik gleichermaßen wieder auf, gleichwohl hat Bach das Ende tonal überraschend offen gestaltet.

Charles Daniels brachte in Heinrich Schütz‘ »Erbarm dich mein, oh Herre Gott« (SWV 447) das flehentliche Bitten sehr anrührend dar. Trotz seiner eher milden Stimme arbeitete er Betonungen deutlich heraus.
Überraschende Unterschiede gab es mit Hanna Morrison in Franz Tunders »An Wasserflüssen Babylons« und Matthias Weckmanns »Wie liegt die Stadt so wüste«, denn die im Gestus sicher völlig unterschiedlichen Werke erweckten mit ihr den etwas merkwürdigen Eindruck zweier individueller Sängerinnen, nicht zuletzt, weil die Verständlichkeit bei Thunder arg zu wünschen übrigließ, während sie bei Weckmann fast bestechend war. Ohnehin waren die Worte aus den Klageliedern Jeremias eine Bereicherung und hier einmal an den Ursprung »zurückgerückt« – vielen dürfte die auf die Stadt Dresden bezogene gleichnamige Trauermotette von Rudolf Mauersberger viel vertrauter gewesen sein.
Mit »Wenn der Herr die Gefangenen zu Zion erlösen wird« (noch einmal Weckmann) waren die Sänger wieder im Quartett zu erleben, das sich nun nach etwas »Anlauf« besser zusammenfand. Dennoch blieb zumindest die Verständlichkeit unterschiedlich, mit den größten Vorteilen erneut beim Baß.
Matthias Weckmanns »Weine nicht« bildete den offiziellen Konzertschluß, worin sich die Gamben des Hathor Consort einmal im stimmig schimmernden Einklang präsentieren konnten, bevor sie – kaum weniger beeindruckend – um Violinen, Laute und Orgel bereichert, wieder gemeinsam einen Basso continuo woben. Der Dunkelheit des Consorts zu Beginn wohnte durchaus ein »Welt-gute-Nacht«-Gestus inne, der aber nichts Bedrückendes hatte.
12. Oktober 2025 Wolfram Quellmalz