kammerchor cantamus dresden in der Loschwitzer Kirche
Eigentlich feiert man ja silberne Jubiläen (25 Jahre), aber das war für den kammerchor cantamus dresden vor fünf Jahren kaum möglich. Vielleicht feierte er deshalb sein 30jähriges Bestehen am Sonnabend in der Loschwitzer Kirche um so festlicher. Mit dabei war – auch das wäre vor fünf Jahren noch nicht möglich gewesen – Martin Lehmann, der cantamus einst ins Leben gerufen hat und mittlerweile Kreuzkantor ist.
Schon damals war der Chor unterwegs, begab sich auf internationale Reisen, nahm die ersten CDs auf. Zwar ist die audiophile Ausbeute mit bis heute vier Aufnahmen übersichtlich, trotzdem weisen diese programmatische Schwerpunkte auf und halten wegweisende Projekte fest, wie die Aufführung von Johann Sebastian Bachs Messe in h-Moll (BWV 232) mit dem Thüringischen Akademischen Singkreis und dem ensemble ponticello (Leitung: Jörg Genslein).

An Aufmerksamkeit und Auszeichnung fehlt es cantamus ebensowenig, wie beim Dresdner Chortag 2019, als das Ensemble gleich zwei erste Preise einheimsen konnte. Damals hatte Robert Schad den Kammerchor gerade frisch übernommen, den er nicht nur im Klang, sondern auch in der Ausrichtung weiterentwickelte. Sie beinhaltet neben frühen Werken und Meilensteinen der Chormusik wie von Heinrich Schütz und Johann Sebastian Bach fremde, neue und fremdsprachige Titel (wofür eine der Auszeichnungen galt), ganz besonders das zeitgenössische Repertoire.
cantamus-Besucher wissen das. So kamen am Sonnabend viele Stammgäste in die Loschwitzer Kirche und erlebten unter anderem eine Auftragskomposition des Chores – Sebastian Rehnert hatte für cantamus dresden ein neues Werk geschrieben. Damit zeigte cantamus nicht nur eine Offenheit in bezug auf die Gegenwartsmusik, sondern bezog ganz dezidiert eine jüngere Generation ein.
Begonnen hatte der Abend aber mit einem hymnischen »I was glad« (Ich freute mich) von Charles Hubert Parry. Für die festliche Ausschmückung sorgten Michael Schütze an der Orgel und ein großer Blechbläserchor, der im Wechsel mit den Sängern in Aktion trat und hier mit einer Intrada-Sequenz eröffnet hatte. Später sollten noch Pauken und andere Schlagwerke erklingen.
Mit Claudio Monteverdis Cantate Domino wurde ein Kerngedanke des Kammerchores, die Botschaft der Freude mit und durch Singen, deutlich. Allerdings zeigte sich auch im weiteren Verlauf, daß die große Vielfalt in hoher Zahl, aber oft knapper Länge dargestellt wurde, was der Spannung etwas abträglich war.
Dabei war diese gefragt, auch Konzentration, wie beim nun folgenden Auftragswerk »Wer je die Flamme umschritt« nach einem Text von Stefan George. Denn der Chor wurde hier zum Klangdarsteller, der erst ein glitzerndes Spektrum von Tönen ausbreitete und diese später verschmolz. Erst nach und nach wurden einzelne Textzeilen hörbar.
Mit Johann Sebastian Bachs (wiederum kurzem) »Oh Jesu Christ, meins Leben Licht« (BWV 118) und später Heinrich Schütz‘ »Die Himmel erzählen die Ehre Gottes« (SWV 386) präsentierte sich cantamus sozusagen mit einer Kernkompetenz – vor allem Schütz mit seinen affektiv beeindruckenden Mitteln erreichte seine Hörer mit großer Unmittelbarkeit.
Dafür suchten modernere Komponisten mehr Ausdrucksstärke, wagten sich in fordernde Grenzbereiche von Tonalität, Harmonie und Expressivität. Pawel Łukaszewskis Cantate Domino unterschied sich aber auch in der Textfassung von Monteverdi, womit der Vergleich also nicht wertend ausfiel, sondern zwei eigenständige Werke zeigte.
Sir John Rutter steht für einen wichtigen Teil der großen englischen Chortradition, schon deshalb, weil der mittlerweile achtzigjährige nach wie vor schreibt und Anknüpfungspunkte setzt. Robert Schad hatte sich diesmal aber nicht für bekannte, zugängliche Stücke entschieden, sondern zwei aufwendige, noch einmal fordernde ins Programm genommen: »Hymn to the Creator of light« (Ehre sei dir, Herr, Ruhm sei dir«) folgte ebenso wie das abschließende, mit viel Schlagwerk angereicherte »Gloria« dem Festgedanken des Jubiläumskonzerts.
Als Ausklang und Zugabe spendierte cantamus noch einmal eine »Brücke«: »Der Mond ist aufgegangen« erklang strophenweise im Original von Johann Abraham Peter Schulz sowie in den Sätzen von Max Reger und Robert Schad selbst.
2. November 2025, Wolfram Quellmalz