Hochschulpodium in der Dresdner Frauenkirche
Dreimal in diesem Jahr war die Dresdner Musikhochschule zu Gast in der Dresdner Frauenkirche (Unterkirche). Was in den eigenen Räumen »Podium« oder »Violine« plus heißt, wuchs dann zum Konzert vor zahlendem Publikum. Der Kern blieb aber erhalten: Studenten einer Klasse und Ausbildungsrichtung stellen sich mit dem, also den Stücken vor, an denen sie gerade erarbeiten. Statt eines Orchesters stehen Sängern und Instrumentalisten Korrepetitoren zur Seite, die sie am Flügel begleiten.
Am vergangenen Montag war es die Violinklasse von Prof. Annette Unger, deren Programm diesmal ausgesprochen kammermusikalisch ausfiel. Wie gesagt, sind die Konzerte in der Regel nicht dramaturgisch angelegt, sondern folgen dem, was gerade studiert wird. Am Montag ergaben sich interessante Vergleiche: einerseits hinsichtlich der Gattung Violinsonate zwischen den Komponisten, andererseits innerhalb einzelner Werke, denn mit Johannes Brahms‘ dritter Violinsonate hatten sich gleich zwei Studentinnen und ein Student sowie zwei Korrepetitoren befaßt.

Für eine erfrischende Eröffnung sorgten Sungryung Lee (Violine) und Eunbin Oh (Klavier) mit dem Allegro molto appassionato aus Edgard Griegs Sonate Nr.3 c-Moll (Opus 45). Der erste Satz der Sonate wurde von flinken Akkorden und aufstrebender Melodieführung belebt, bot einen munteren Aufschwung ebenso wie feuriges Temperament. Sungryung Lee, wie manche andere Teilnehmer des Abends bereits mehrfach preisgekürt, gelang dies spielerisch.
Mit einem Ausschnitt (Rondeau. Allegro) aus Ludwig van Beethovens Sonate Nr.1 (Opus 12, Nr.1, D-Dur), gespielt von Seunghee Jung (Violine, Akademistin der Robert-Schumann-Philharmonie Chemnitz) und Edgar Wiersocki (Klavier) sowie Wolfgang Amadé Mozarts Sonate G-Dur, KV 301 (daraus: Allegro con spirito), nun mit Hyunjae Yi (Violine), ging es im doppelten Sinn in eine Zeit des Wandels, denn wiewohl beide, Mozart und Beethoven, noch in der Wiener Klassik zu Hause sind, stehen sie nicht weniger für den Aufbruch in die Romantik. Gleichzeitig läßt sich gerade bei ihnen der Rollenwechsel der Violine, die ursprünglich das Begleitinstrument war, und des Klaviers, das zum Begleiter wurde (womit erst die Bezeichnung »Violinsonate« entstand), nachvollziehen. Noch dazu ist Beethovens frühe Sonate dem Lehrer Antonio Salieri gewidmet.
Die beiden Violinistinnen trugen die Sätze sehr ausgewogen vor, so daß sie sich im Grunde beinahe zu einem Werk fügten. Während bei Beethoven ein (Aufwärts)schwung bestimmend blieb, zeigte Mozart bereits Passagen lyrischer Kantabilität, führte aber ebenso eine feine Artikulation des Bogens. Edgar Wiersocki meisterte die Klippen auf den Tasten mühelos.
Einer der vielleicht spannendsten Beiträge war Johann Sebastian Bachs Ciaconna aus der Partita für Violine solo Nr. II (BWV 1004, d-Moll), vorgetragen von Jou-I Chen. Sie ist bereits als Praktikantin im MDR-Sinfonieorchester Leipzig sowie als Substitutin in der Dresdner Philharmonie tätig. Bachs Partita stellt nicht allein technische Herausforderungen, auch darf sie im Vortrag nicht nur metrisch korrekt sein. Wesentlich ist, einen ununterbrochenen Verlauf zu gestalten, Spannungsspitzen aufzubauen, aber auch Momente der Entspannung zu setzen, ohne daß der Faden »reißt«. Übrigens genauso für die Zuhörer eine Herausforderung, insofern diente die kurze Konzentrationsphase vor Beginn beiden Seiten. Technisch sauber vorgestellt, fand Jou-I Chen immer sicherer ins Werk. Dazu war der Raum für eine spannende Klangentfaltung besonders gut geeignet.
Shih-Yung Huang (Preisträger Szymon-Goldberg-Competition, Teilnehmer der Giuseppe-Sinopoli-Akademie der Sächsischen Staatskapelle), Suin Oh und Jungsun Han (ebenfalls Goldberg-Preisträgerin) teilten sich in Johannes Brahms‘ Violinsonate Opus 108 (Klavier: Eunbin Oh und Edgar Wiersocki). Suin Oh kehrte im Adagio besonders den lyrischen Liedcharakter heraus, während sie das Un poco presto e con sentimento als luftiges Quasi-Scherzi darstellte. Das abschließende Presto agitato steigerte sich fast heftig und setzte mit bemerkenswertem Nachdruck den Schlußpunkt der Sonate.
Felix Mendelssohns F-Dur- Sonate (MWV Q 26) mit Sara Kim (Violine) und Ga Eun Kim (Klavier) bewahrte, was an diesem Abend schon mehrfach angeklungen war: die lyrische Seite der Romantik (1. Satz). Auch der zweite schien wie ein zartes Lied. Mit flexiblen Tempi konnte die Sonate aber ebenso energisch wie erfrischend (Ecksätze) klingen.
11. November 2025, Wolfram Quellmalz
Das nächste Podium Violine gibt es am 13. Dezember (»HörHorizonte«, 16:00 Uhr, Chinesischer Pavillon). Bereits am kommenden Sonntag heißt es »Podium Fagott« (19:00 Uhr, Kleiner Saal der HfM).