Anne-Sophie Mutter und Fabio Luisi zurück in der Semperoper

Dresdner Musikfestspiele eröffnet

Mit einem feierlichen Eröffnungskonzert begannen am Donnerstagabend die 40. Dresdner Musikfestspiele. Zum Auftakt gastierte die Philharmonia Zürich mit Fabio Luisi im Haus der Sächsischen Staatsoper – der Generalmusikdirektor der Oper Zürich hatte das gleiche Amt zuvor an der Elbe begleitet. An seiner Seite war Anne-Sophie Mutter zu erleben, die den Musikfestspielen seit vielen Jahren als musikalische Freundin verbunden ist. Sie hatte gleich zwei Werke mitgebracht: neben Max Bruchs Violinkonzert Nr. 1 spielte sie »Nostalghia« des japanischen Komponisten Tōru Takemitsu.

Takemitsu wollte den fruchtbaren Widerspruch fernöstlicher Musiktradition und westlicher Avantgarde in seinen Werken einfangen, aber nicht auflösen. in »Nostalghia«, im Gedenken an den Filmemacher Andrei Tarkowski entstanden, prallten diese Welten allzu deutlich aufeinander. Während das kleine Streichorchester der Philharmonia zu reiner, klarer Nüchternheit fand, formulierte Anne-Sophie Mutter mit reicher Klangfülle einen wehmütigen Gegenentwurf, doch die innere Bindung von Solistin und Orchester ging in diesem Spannungsfeld verloren.

Davon – Spannung – gab es bei Max Bruch um so mehr. Mit fiebriger Intensität nahm die Ausnahmekünstlerin ihren Part in Angriff, Fabio Luisi ließ das Orchester (jetzt in ganzer Formation) mit drängenden Bässen antworten. Ebenso voller Wehmut, aber zarter als bei Takemitsu, entwickelten Anne-Sophie Mutter und Fabio Luisi das Adagio aus dem Allegro moderato heraus, um hernach mit einem üppigen Crescendo zum Schlußsatz überzuleiten. Während Luisi Mutter in der Begleitung stets dicht folgte, überhöhte er im Tutti recht heftig, zuweilen scharf.

Innere Kraft und Spannung findet sich aber oft schon in Solostimmen. Mit dem Adagio aus der Sonate g-Moll von Johann Sebastian Bach (BWV 1001), klar, fein und leicht wie ein friedlicher Gedanke, bezauberte Anne-Sophie Mutter in ihrer Zugabe das Publikum.

Daß Fabio Luisi den Kontrast der Orchesterfarben zuvor beabsichtigt hatte, wurde in Johannes Brahms‘ vierter Sinfonie offensichtlich. Auch hier blieb Luisi bei dem Ansatz, exponierte, expressive Passagen herauszubürsten. Vielleicht wollte er einen allzu romantischen, »weichgespülten« Klang vermeiden? Derlei Kontraste muteten mitunter recht brachial an. An manch keckem Einwurf der Bläser oder – nach einem Choral der Blechbläser – der Streicher dagegen konnte man seine Freude haben, ebenso an den Verschlingungen im Schlußsatz, wo sich Motive nicht nur als simple Variationen präsentieren, sondern vielschichtig vernetzt offenbarten.

19. Mai 2017, Wolfram Quellmalz

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