Aichinger Consort in der Briesnitzer Kirche
Ein Osterkonzert oder eine Passionsaufführung wie gewohnt war nicht möglich, aber manchmal verhilft eine Kombination aus Musizierlust, Pragmatismus und Erfindergeist zur Aufführung – der Zuhörerschaft zur Freude. Helmut Katschners Aichinger Consort Dresden richtete Heinrich Schütz‘ Auferstehungshistorie (SWV 50) so ein, daß sie in den sonntäglichen Gottesdienst der Briesnitzer Kirche paßte. Er galt einerseits noch dem Osterfest bzw. der Feier der Auferstehung (von der Schütz‘ Werk eben erzählt), andererseits war er ganz besonders den Coronaopfern zugedacht.
Schütz‘ Historia mußte für den Anlaß nur wenig gekürzt werden, um Raum für Andacht, Predigt und Gedenken zu lassen, andererseits enthält sie einen umfangreichen Evangelistentext, der die Lesungen ersetzen kann. Die Länge bzw. Dauer war damit kein Problem. Die Anzahl der Beteiligten mußte allerdings empfindlich reduziert werden. Ein Chor war schlicht nicht möglich, im Altarraum versammelten sich die Musiker um ein Gambenconsort, dazu fünf Solisten mit – ebenso ungewohnt – dem Evangelisten Georg Güldner ganz hinten. Bläser drinnen sind natürlich ein Problem, je ein Zink und eine Posaune waren nur erlaubt, dafür wurde die Gemeinde draußen bereits von einem auf Abstand bedachten Posaunenchor erwartet und festlich eingestimmt.
Die Sänger nahmen vor allem für die Rollen von Maria Magdalena (Birgit Jacobi-Kircheis / Sopran), Jesus (Christoph Jacobi / Bariton) ein, außerdem Alexander Schafft (Tenor) und Alexander Födisch (Baß). Ihre Anzahl, etwa als Hohepriester, war damit auf ein Minimum reduziert, auch der Chor erklang gar nicht in allen Stimmlagen. Doch hier kam Katschners Erfahrung und Pragmatismus fruchtbar zum Tragen: die Chorpassagen wurden von Sopran und Tenor vorgetragen, so daß die Texte durchgängig präsent blieben, im Duett zum Beispiel mit dem Sopran ersetzte der Zink die zweite Stimme.
Wesentlich für Verlauf und Dramaturgie ist die Evangelistenerzählung, die Georg Güldner mit schlankem Tenor und feiner Artikulation vortrug. Mit sachten Betonungen hob er Höhepunkte heraus, die er melismatisch (Maria vor dem leeren Grab Jesu) noch steigern konnte und damit ausgezeichnet gefiel.
Trotz minimaler Besetzung gelang die farbige Ausgestaltung des von Schütz an sich schlicht gehaltenen Werkes. Das lag einerseits am ausgewogenen Sängerquintett, anderseits erwiesen sich die Kombinationen von Sopran und Zink, Tenor oder Bariton und Posaune (wie im »Weib, Weib, was weinest du?« der zwei Engel) oder Ensemble und Orgel als variantenreich und vielfarbig. So wie der Evangelist den Text der Erzählung trug, sorgte das Gambenconsort (Friedemann Gehrt, Mechthild Rothe, Gerald Woelker und Beate Ahmed) für einen samtigen, leicht rauhen Grund und die musikalisch-emotionale Basis des Werkes.
Mit dem Schlußchor, in dem sich der »Gott-sei-Dank«-Ausruf und das »Victoria« der Auferstehung vermischen, durfte schließlich – allen Beschränkungen zum Trotz – ein festlicher, hoffnungsfroher Ostergedanke frei entschweben.
18. April 2021, Wolfram Quellmalz
Weitere Informationen und Veranstaltungshinweise finden unter http://www.kirchspiel-dresden-west.de