Weihnachten im Gebirg des Elblandes

Unterhaltungskonzert der Elbland Philharmonie Sachsen

Vor zwei Jahren, als der Advent und das Weihnachtsfest so still waren, wie es noch niemand von uns erlebt hatte, ersann sich die Elbland Philharmonie Sachsen ein Ersatzkonzept, das über jeden Pragmatismus hinaus die Herzen der Zuschauer erreichte. »Weihnachten – In der guten Stube« wurde gestreamt und konnte von zu Hause – in der Stube – verfolgt werden. Nicht nur unter den damals gegebenen Umständen war dies ein Maximalerfolg, das Video blieb beliebt. Heute kann es wieder auf der Internetseite der Elbland Philharmonie angesehen werden.

Ein Erfolgsfaktor damals war der Solist Thomas Baldauf. Der Erzgebirg[l]er ist ein Virtuose auf der Zither und hatte Erzgebirgische Weihnachtslieder zu einer Suite gebunden. Nachdem Corona das richtige Konzert 2021 verhindert hatte, sollte Thomas Baldauf in diesem Jahr bei der Elbland Philharmonie Sachsen auftreten – und fiel aus, weil er jetzt selbst Corona hat!

Das erforderte am Freitagabend erneut eine Notfallmaßnahme für das Konzert an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul, und wiederum führte dies nicht in eine minder schöne Pragmatismusvariante. Denn Ekkehard Klemm ist ein Wegbereiter für den Nachwuchs und kennt viele junge Talente. Da also a) eine Ersatzzither ebensowenig zur Verfügung stand wie b) eine Harfe (zunächst favorisiert, aber saisonbedingt ausgelastet), verfiel der Chefdirigent auf Lösung c) eine Mandoline. Immerhin ist sie das Instrument des Jahres, wie die Zither volkstümlich (geworden) und kann deren Klang durchaus imitieren. Maja Schütze übernahm den Solopart beeindruckend gekonnt. Kurz nur schwang im Hintergrund ein venezianischer Gondoliere mit (immerhin gibt es in der Nähe von Venedig auch ein Gebirg, die Dolomiten), dann war man bei Hans Friedls Suiten über erzgebirgische Weihnachtsmelodien mitten im »Weihnachtsland«. Im Orchester schellten Glöckchen mit, die sich mit dem Zimbelcharme der Mandoline verbanden, die Lieder (»Dr Sommer is alle«, das »Heiligobnd-Lied« und anderes), von Karsten Gundermann für Zither und Orchester in Form gebracht, kannten ohnehin die meisten.

»Unterhaltung« kann eben Niveau haben. Musikalisch sowieso – die Spielfreude der Elbland Philharmonie war bestechend, von der schönen Flöte bis zum Chor der »Turmbläser«. Ekkehard Klemm ergänzte mitteilsam und lebendig vieles zum Leben der Komponisten, über den Inhalt von Paul Hindemiths »Tuttifäntchen« oder daß es für den Ergebirg[l]er nicht nur zwei Schreibweisen gibt, sondern für jede davon Beispiele und teils aufgebrachte Fürsprecher – man solle doch beides gewähren lassen. Statt der tatsächlich nicht zu ersetzenden Solobeiträge mit der Zither gab es drei vergnügliche Weihnachtsgedichte.

Musikalische schloß der Reigen drei Teile aus Joseph Haas‘ »Christnacht« Opus 85 ebenso ein wie Karel Svoboda Titelmusik zu dem Film »Drei Haselnüsse für Aschenbrödel«. Mit einer weiteren Suite erzgebirgischer Weihnachtsmelodien, nun von Curt-Herbert Richter, sowie einem Potpourri an Anton-Günther-Liedern von Paul Körke blieb das Erzgebirge in den Melodien präsent.

Eines nur hatte Ekkehard Klemm verschwiegen: Wolfgang Amadé Mozarts Variationen KV 265 waren mitnichten über »Morgen kommt der Weihnachtsmann« geschrieben – Hoffmann von Fallerslebens Text entstand erst 1835 (etwa fünfzig Jahre nach den Variationen). Ursprünglich lautete es im französischen Kinderlied »Ah! Vous Dirai-Je, Maman« (»Ah, Mama, soll ich ihnen sagen«) – was das Töchterlein zu sagen hat, ist vom Weihnachtsmann ungefähr so weit entfernt wie das Erzgebirge von den Dolomiten: Es hat sich – im Gebüsch! – mit einem Mann eingelassen! Blieb also die Frage, ob im hübschen Orchesterarrangement von John Webber einfach nur der »Weihnachtsmann« in verschiedene Fassungen daherkommt, oder ob nicht Mutter (entrüstet: »C’est tout simplement irréel« / »Das darf doch nicht wahr sein!«) und Tochter (reumütig »Ceci ne se reproduira pas« / »Es soll nicht wieder vorkommen«) miteinander rechten. Wer dem nachgehen mag, hat noch drei Gelegenheiten dazu.

16. Dezember 2023, Wolfram Quellmalz

»Weihnachten im Gebirg« mit der Elbland Philharmonie Sachsen, noch einmal heute 22. (Großenhain) und morgen (Weinböhla), Leitung: Ekkehard Klemm, Solisten: Thomas Baldauf (Zither) sowie (nur morgen) Johanna Kaldewei (Sopran)

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