Meisterwerke – Meisterinterpreten präsentierten Sonaten
Die Geschichte der Dresdner Konzertreihe Meisterwerke – Meisterinterpreten ist nicht nur schon viele Jahrzehnte lang – sie kann 2024 stolz den 70. Geburtstag feiern – sondern erfreut sich zudem über ein besonders treues Stammpublikum. Eine Kammerkonzertreihe, die quasi zahlreiche Anrechtsbesucher verzeichnet – wo gibt es das schon?
Gestern im Gemeindesaal der Christuskirche Strehlen durfte sich Mitveranstalter Matthias Wilde, Cellist der Sächsischen Staatskapelle Dresden, besonders darüber freuen, einen Orchesterkollegen begrüßen zu können. Und das war weit mehr als ein Freundschaftsbesuch – Sebastian Fritsch ist Konzertmeister der Violoncellogruppe der Sächsischen Staatskapelle Dresden und hat bereits zahlreiche namhafte Preise gewonnen. Naoko Sonoda, die als Klavierpartnerin auftrat, ist eine nicht weniger ausgewiesene Expertin, hat sie sich doch gerade als Kammermusikerin einen Namen gemacht und ist explizit als Begleiterin für Cellisten gefragt.
Die Voraussetzungen schienen also bestens für ein Konzert mit dem Titel »Sonaten«. Zwar wich das Programm von der Form einmal ab, blieb in der Zeit jedoch romantisch. Wer nun aber meinte, »erwartbare Musik« zu hören, wurde gleich mit dem ersten Stück überrascht.

Denn Felix Mendelssohns Sonate für Klavier und Violoncello Nr. 2 (D-Dur / Opus 58) erwies sich unter dem Bogen von Sebastian Fritsch als aufgerauhtes, erregtes Werk – wer bei Mendelssohn nur an leichtfüßige Elfen und Salon denkt, sah sich eines Besseren belehrt. Warum auch nicht? Weshalb sollte der Komponist nur in Fingal’s Cave (Opus 26) und in der Schottischen Sinfonie (Opus 56) die Rauhheiten der Natur spüren lassen? (Neuere Aufnahmen der ersten Streichersinfonie, eines Jugendwerkes, bezeugen schon dem Opus 11 einen innewohnenden Furor!)
Sebastian Fritsch spielte mit dieser jugendlichen Erregtheit, die fließend Vibrato und Tremolo verband; leicht blieb und Energiegeladenheit dennoch nicht versagte. Naoko Sonoda erwies sich als kongeniale Begleiterin, die dem Violoncello nicht nur folgte, sondern mit dem Klavier eigene Akzente setzte. Schade war eigentlich nur, daß das Cello direkt vor dem Flügel plaziert war und nicht (aus Publikumssicht) links davon.
Schon im ersten Werk des Nachmittags wurden verschiedene Tiefengrade differenziert ausgelotet, tönte der schöne Steingraeber-Flügel im Orgelpunkt (Adagio) mit Gedankenschwere, während das Cello unterschiedliche Gesangslinien verfolgte. Letztere wurden in Robert Schumanns Fantasiestücken Opus 73 (Fassung für Violoncello und Klavier) noch deutlicher und machten den Liedkomponisten Schumann offenbar. Die Perlen des Klaviers, die bei Mendelssohn gesprudelt waren, zeigten sich nun sanft und matt schimmernd. Vor allem waren die kleinen Fantasien nichts weniger als göttliche Miniaturen, die soviel in ihren Kosmos einschlossen wie eine ausgewachsene Sonate. Sozusagen weltumspannend schien »Rasch und mit Feuer«, funkelnd und eruptiv.

Von ganz anderer Art war die Sonate für Klavier und Violoncello g-Moll (Opus 19) von Sergej Rachmaninow. Beginnt sie wirklich mit einer Phrase, die »Warum?« bedeutet? Oder ist es vielleicht ein »Ach ja«? – in jedem Fall öffnet sie die Tür zu einer Erzählung. Lebhaft, anmutig, mahnend (Klavierstimme) – vieles ist darin enthalten. Rachmaninows Gesang wiederum, zeigte Sebastian Fritsch, ist weniger Lied, mehr Oper. Die Kantabilität spannte der Cellist zwischen den Polen von Sanftheit und (äußerster) Lebhaftigkeit auf. Und manchmal (Allegro scherzando) kommt auch Rachmaninow der behenden Lebhaftigkeit Mendelssohns nahe.
Die Zugabe, ein Largo, war schöner Ausklang und Beruhigung zugleich: das Adagio aus Robert Schumanns Opus 70 (ursprünglich Horn und Klavier).
19. Februar 2024, Wolfram Quellmalz
Am 28. April feiern die Meisterwerke ein Jubiläumskonzert. Auf dem Programm stehen dann Streichquartette von Richard Strauss, Joseph Haydn und Franz Schubert.
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