Elbland Philharmonie Sachsen spielte märchenhaftes
Ursprünglich galt Dirigent Hermes Helfricht für die Elbland Philharmonie Sachsen als Kandidaten für die Nachfolge des scheidenden Chefdirigenten Ekkehard Klemm. Mittlerweile hat der Radebeuler einen Vertrag als GMD am Theater Hagen angenommen – das Kandidaten- wurde zum normalen Sinfoniekonzert, allerdings mit ausnahmsweise nur einer Ausgabe statt derer drei oder vier wie sonst. So ganz normal war es trotzdem nicht, schon weil die Folge vom gewohnten – Ouvertüre – Konzertstück – Sinfonie abwich. Zudem hatten alle vier Werke einen märchen- oder sagenhaft-mythischen Stoff zum Inhalt: Ausschnitte aus Wagners »Ring« kreuzten sich mit Mendelssohns »Melusine« und Dvořáks »Wassermann«. Wie geschaffen für diesen Ort, freute sich Hermes Helfricht am Donnerstagabend in der Marienkirche Pirna, schließlich überspannt sie nicht nur mit ihrem vielfältigen Rippengewölbe das Schiff, sondern ist mit mythologischen und Fabelwesen ausgemalt. Derlei Fabelwesen ließ Hermes Helfricht in der Musik frei, aber auch die dazugehörigen Elemente – »Feuer & Wasser« war das Konzert mit Gegensätzen übertitelt, doch fand sich noch Luft darin in Form von Meeresstürmen.
Ungewöhnlich dunkel und voll klang die Elbland Philharmonie Sachsen, ließ die Streicher trotz ihrer vergleichsweise kleinen Besetzung schwellen, doch das Luftelement frischte dies bald auf. Im Dirigat fiel auf, daß Hermes Helfricht sorgsam Einsätze und Tempi koordinierte, was manchmal einen ein wenig schulmeisterlichen Eindruck erweckte. Allerdings gestaltete er gerade Tempowechsel und Übergänge sehr schön. Im aufbrausenden Tutti der Melusine ließen Intonation und die Übereinstimmung der Einsätze trotzdem vorübergehend zu wünschen übrig. Allerdings fing der Dirigent dies gekonnt wieder ein, fand zu einem beruhigenden Abschluß.

Nach der Pause verlieh er Antonín Dvořáks Sinfonische Dichtung »Der Wassermann« mit luftigen, hellen Erzählstrom. Gerade hier, im längen Stück des Abends überzeugten die Momente der Verdichtung und Befreiung (also des Wandels) am meisten, sog die Musik aus dem Stoff nicht zuletzt einen geheimnisvollen Klang – Dvořák als sinfonischer Dichter ist immer eine Entdeckung wert!
Einen Gegensatz (Gegensätze ziehen sich bekanntlich an) mochte man im Programm vielleicht in der Kombination von Mendelssohn und Wagner sehen. Wieviel Wagner von Mendelssohn gelernt hat, ist allerdings bekannt – Hochzeitsmarsch und Wellenmotive sind nur einzelne Beispiele. »Wotans Abschied und Feuerzauber« aus »Die Walküre« aufs Programm zu setzen war dennoch (wie das abschließende »Siegfrieds Rheinfahrt« aus »Götterdämmerung«) ein Wagnis, verlangen solche Stücke doch nicht nur eine immense Besetzung (weit größer als die Elbland Philharmonie bieten könnte), sondern auch hervorragende Solisten. Vor dem Umkehrschluß, man könne solche Stücke eben mit einem Orchester wie diesem nicht spielen, sei trotzdem gewarnt.
Denn Hermes Helfricht gelang es durchaus, einen großen Klang zu formen und dabei den Raum (Nachklang in der Kirche) auszunutzen. So ließ er Wagners betörende Harmonien frei, die unmittelbar vereinnahmen können, und wiederum gelang die Umkehr nach dem ersten Aufbrausen in »Wotans Abschied und Feuerzauber« zu schlanken, leisen Streichern sehr gut. Überhaupt gefiel diese Wandlungsfähigkeit von dunklen, betonten und luftigen Tönen, die zwischen Violinen und Kontrabässen erklang! Intonatorisch freilich war nicht alles lupenrein, was nach der Pause gerade »Siegfrieds Rheinfahrt« etwas trübte, für die Hermes Helfrich mit dem Horn (Siegfried-Ruf) hinter dem Altar und zurückgenommenen Streichern durchaus einen Ferneffekt erzielt hatte. Insgesamt fehlte es bei allem gestalterisch durchdachten Sinn und Kontrast dennoch am Herz, an der Verve oder schlicht der überragenden Emotionalität, die das Feuer zum Zauber wachsen läßt.
13. September 2024, Wolfram Quellmalz
Das nächste Sinfoniekonzert der Elbland Philharmonie, »Licht am Horizont« mit Werken von E. T. A. Hoffmann, Weber und Bruckner, erklingt wie gewohnt dreimal am 26. und 28. September (Marienkirche Pirna und Evangelische Christuskirche Freital) sowie am 4. Oktober (Landesbühnen Radebeul).