Weihnachten auf dem Lande

Reihe der Konzerte an der Silbermann-Orgel Reinhardtsgrimma glanzvoll beendet

Schon beim Herbstkonzert hatte die kleine Kirche in Reinhardtsgrimma, zum Erntedank geschmückt, besonders festlich gestrahlt [NMB berichteten: https://neuemusikalischeblaetter.com/2024/10/02/farbenfrohes-orgelkonzert/%5D. Am zweiten Weihnachtsfeiertag wurde dies im Glanz der Weihnachtlichen Vesper sogar noch einmal gesteigert. Schon die Anfahrt mit der malerisch in schönster Wintersonne liegende Sächsische Schweiz war ein idyllisches Hinführen, die Abfahrt im Dunkeln, nun mit all den Lichtern ringsum, geriet kaum weniger idyllisch.

Bei solchen Voraussetzungen und einer Silbermann-Orgel waren die Erwartungen sicher hoch, doch sie erfüllten sich nicht nur, sie wurden sogar noch übertroffen. Auch und gerade für diejenigen, die zu diesem Weihnachtsfest an den vorangegangenen Tagen bereits Vespern und Metten besucht hatten. Denn das Programm zielte nicht auf Wiederholung oder Steigerung, es bot in Musik und Wort Variationen, Neuentdeckungen und andere Fassungen.

Festlich geschmückte Kirche in Reinhardtsgrimma, Photo: NMB

So hatte OLKR Dr. Thilo Daniel nicht die sonst gebräuchliche Weihnachtserzählung aus der Bibel nach dem Lukasevangelium aufgegriffen, sondern jene nach Matthäus zum Ausgangspunkt gemacht, und einen Text von Erzbischof Stephen Cottrell angeschlossen. Der hatte die Weisen aus dem Morgenland bzw. die Heiligen drei Könige in ein ganz anderes Licht gesetzt und aus Sicht von Caspar vom Aufbruch berichtet. Auch davon, wie verunsichert dieser war – als Sterndeuter hatte er bisher andere immer nur beraten, nun machte er sich erstmals selbst auf den Weg, ging Risiken ein, hinterfragte sein Handeln. Was überhaupt sei seine »Arbeit« wert, die doch, anders als Ackerbau und Handwerk, keine nachweisbaren Früchte trug?

Musikalisch gestaltete Jan Katzschke mit seinem Ensemble Corona harmonica den Nachmittag. Der Name klingt für uns noch ein wenig trotzig, widersprüchlich, dabei paßt der Begriff »Corona«, also »Kranz« oder »Krone«, doch gut in den Barock und zu Weihnachten.

Eine Pastorale von Bernardo Storace, von Jan Katzschke auf der Orgel gespielt, erinnerte mit Flötenstimmen über einem stehenden Baß an die Hirten, verflocht aber bald die Harmonien. Die Verflechtungen mit den Violinen von Anne Schumann und Theresa Horáková sowie der Gambe bzw. dem Kontrabaß von Thomas Grosche folgten alsbald in einer Triosonate von Johann Heinrich Schmelzer, die ebenso den Namen »Pastorale« trug. Sie verband ariosen Gestus mit erfrischender Lebhaftigkeit. In Marco Uccellinis Aria sopra Bergamasca vereinigten die Musiker elegant die pastoralen und die orientalischen Weisen.

Mit Andreas Hammerschmidts »Fürchtet euch nicht« hatte Corona harmonica einen Verkündigungstext dazwischengesetzt. Die Sopranistinnen Birte Kulawik und Anne Stadler wechselten sich in den Texten ab, sangen im zweiten Teil aber auch im Duett. Hammerschmidts oft gerade in der Weihnachtszeit erklingende Kompositionen gehören ohnehin zu den jubilierendsten, wie die Kantate mit pastoralen Farben wieder einmal bewies.

Corona harmonica vor der Silbermann-Orgel, Photo: NMB

Nicht erst bei Johann Sebastian Bach zeigte sich die ausgefeilte Programmgestaltung: »Kommst du nun, Jesu, vom Himmel herunter« war der Arie BWV 650 entnommen, der Text in der ursprünglichen Choralkantate BWV 137 noch ein anderer (»Lobe den Herrn«). Die musikalischen Feinheiten bezogen auch die Gemeindelieder ein bzw. gab das Programm die genauen Vorspiele preis: BWV 604 für EG 23 »Gelobet seist du, Jesu Christ« sowie ein Vorspiel von Vincent Lübeck für EG 27 »Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich«. Für »Fröhlich soll mein Herze springen« (EG 36) gab es die Begleitung im Satz von Johann Crüger, der die Streicher mit einbezogen hatte.

Lübeck gehört sowieso zu den entdeckenswerten (Kirchen)komponisten. In seiner Weihnachtskantate »Willkommen, süßer Bräutigam« durften sich Birte Kulawik und Anne Stadler gegenseitig überflügeln, mit samtigem Legato die eine, mit sternenklarer Helle die andere.

Im fröhlichen, optimistischen C-Dur (Johann Sebastian Bach, Fuge aus BWV 547) klang die Vesper aus. Als solche – kein Konzert – war sie bei freiem Eintritt zu erleben. Im nächsten Jahr wird die Konzertreihe in der gewohnten Form fortgesetzt, beginnend mit dem ersten Konzert zu Christi Himmelfahrt (29. Mai). Die weiteren Termine und Programme werden in Kürze bekanntgegeben.

27. Dezember 2024, Wolfram Quellmalz

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