Inneres Leuchten

Kreuzvesper zu Lichtmeß

Die Dresdner Kreuzvesper zu Lichtmeß feiert traditionell nicht nur den Abschluß des Weihnachtskreises mit dem Verlöschen der Christbäume, in diesem Rahmen wird auch das Friedenslicht von Bethlehem ausgeteilt und von hier in die Welt getragen.

Die Austeilung des Lichtes und das allmähliche, gegenseitige Entzünden der Kerzen wurde am Sonnabend wieder von Lucas Osiander »Christum wir sollen loben schon« (aus einem der ältesten Nürnberger Gesangbücher) begleitet, mit dessen schrittweisem Einzug durch die Capella Sanctae Crucis Dresden die Vesper begann und vor dem Feiertag der Darstellung des Herrn (zu dem Maria und Joseph ihren neugeborenen Sohn in den Tempel brachten) letzten Mal das Krippenlicht anzündete. Wie das Licht, das Wort und die Musik zu den Menschen in die noch abgedunkelte Kreuzkirche kommen, gehört jeweils zu den feierlichsten Momenten des Jahres.

Meister der Pollinger Tafeln »Darbringung im Tempel« (Malerei auf Holz, 1444), Germanisches Nationalmuseum Nürnberg, Bildquelle: Wikimedia commons

Auch sonst hatte Kreuzorganist Holger Gehring für eine ganz besonders festliche Musikauswahl gesorgt und diese erfrischend kombiniert, selbst wenn Johann Sebastian Bachs Pièce d‘ Orgue (BWV 572), zu dem sich das Licht innerhalb der Gemeinde verteilte, keineswegs zwangsläufig mit Lichtmeß verbunden scheint.

Für Zuordnung bzw. Orientierung sorgten nicht zuletzt die Lesungen (Pfarrer Holger Milkau aus Galater 4,4, Hebräer 2, 14 bis 18 sowie Lukas 2, 22 bis 35) und die Gemeindelieder, wobei noch diese die lange (im letzten Jahr mit einem Jubiläum gefeierte) Tradition der Liederbücher einbezogen: Neben »Ich will, solang ich lebe« (EG 276) nach Heinrich Schütz durfte später Felix Mendelssohns »Hört, die Engelsboten singen« incl. Pauken und Trompeten von der Orgelempore erschallen.

Die Kantatenauswahl war kaum weniger exklusiv, stand doch mit »Mache dich auf, werde Licht« (nach der alten Bezeichnung »Fest Mariae Reinigung«) von Johann Ludwig Bach (der am kommenden Dienstag Geburtstag feiert) aus der weitläufigen Verwandtschaft Johann Sebastians auf dem Programm, was wieder einmal verdeutlichte, welcher Nährboden damals in Thüringen durch die Familie Bach bereitet war. Das Stück beginnt bereits ungemein festlich und geht nach einer kurzen Sinfonia-Einleitung unmittelbar in die erste Baß-Arie über, deren Verkünder Clemens Heidrich war. Dabei erwies sich das Werk auch als dramaturgisch effektvoll, denn es verwies (dritte Zeile) sogleich auf die »Finsternis«, die das »Erdreich und Dunkel der Völker« bedeckt.

Das »Wandeln im Licht«, das »Beginnen aus der Finsternis« und das »Licht der Erleuchtung« hätten danach kaum prächtiger dargestellt werden können als mit der Capella Sanctae Crucis Dresden und den Solisten (außerdem: Heidi Maria Taubert / Sopran, Stefan Kunath / Altus und Sören Richter / Tenor), wobei Sopran und Tenor ebenso im Wandel des Lichtes verweilten, wie der Ausdruck größter Herzensfreude (Alt-Arie »Herr, dein Wort das ist geschehen«) durch die Instrumente unterstrichen wurde.

Mit seinem Magnificat D-Dur (Krebs-WV 105) stand danach Bach-Schüler Johann Ludwig Krebs ein weiteres Mal im Mittelpunkt. Doch eben – fast schon außergewöhnlich – nicht mit einem seiner Orgelstücke, welche die Bach-Nachfolge deutlich erkennen lassen, sondern einem Vokalwerk. Krebs‘ Marienlob schloß die lichte Freude jedoch nicht nur ein, sie übertraf Johann Ludwig Bach sogar. Zumindest in der Besetzung, denn während sich der Cousin des Thomaskantors mit mehrfachen Oboen »begnügte«, fügte Johann Ludwig Krebs seinem Magnificat sogar noch Trompeten hinzu.

Den Text ließ der Komponist wesentlich vom Chor (hier: Solistenquartett) vortragen, dem er aber zwei Arien für Alt und Baß (bzw. Baß und Tenor) gegenüberstellte. »Oh Bethlehem, du kleine Stadt« (EG 55), noch einmal ein Lied aus dem 16. Jahrhundert (jedoch England) geleitete im Satz von Ralph Vaughan Williams zum Auszug.

2. Februar 2025, Wolfram Quellmalz

Das kommende Wochenende steht bereits im Zeichen des 80. Jahrestages der Zerstörung Dresdens. Am Sonnabend gestalten Justin Koch (Orgel) und Superintendent Christian Behr die Kreuzvesper, am Sonntag findet das Gedenkkonzert des Dresdner Kreuzchores mit der Uraufführung von Sven Helbigs Requiem A statt. https://kreuzkirche-dresden.de/

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