Konzertreihe lockt an jedem letzten Dienstag nach Strehlen
Wenn das »Wohltemperierte Klavier« von Johann Sebastian Bach für viele das Alte Testament sei, so könne man die Klaviersonaten Ludwig van Beethovens als das Neue Testament sehen. So hat es Hans von Bülow gesagt – für viele gelten diese Worte bis heute.
Auch für Robin Gaede, der Dresdnern vielleicht vor allem durch sein Orgelspiel in manchen Kreuzvespern bekannt wurde. Mittlerweile ist er als Kantor der Christuskirchgemeinde Strehlen tätig und hat hier im vergangenen Jahr eine neue Reihe ins Leben gerufen: Immer am letzten Dienstag des Monats heißt es 19:00 Uhr im Gemeindehaus gegenüber der Christuskirche »Altes und Neues Testament«. Dann stehen keine Bibelauslegungen auf dem Programm, sondern vor allem Bach und Beethoven sowie Komponisten, die mit ihnen in Verbindung standen. Ein musikalischer Partner ist in der Regel dabei.

Vergangenen Dienstag war es der Bariton Jakub Malatinec, der bereits als Chorsänger und -solist Erfahrung hat. Derzeit konzentriert er sich in seinem Studium unter anderem auf seine Gesangsausbildung bei KS Matthias Henneberg. Für das Konzert hatte er sich auf eine Liedauswahl vorbereitet.
Der achte Teil der Reihe hatte als Motto die Musikstadt Wien – womit Bach für einmal ausgeschlossen war, denn dieser ist nie in Wien gewesen. Ludwig van Beethoven war mit seiner Klaviersonate Opus 14 Nr. 2 vertreten sowie einige andere Wiener, also Komponisten, die in Wien gewirkt und gelebt haben.
Vor bzw. zwischen einzelnen Titeln rezitierte Jakub Malatinec einzelne Gedichte, womit er den Wien- und Musikkreis noch dehnte, denn Hugo von Hofmannsthal sind als Opernlibrettist einige der großartigsten Textvorlagen gelungen. Sein Gedicht »Mein Garten« verwies auf die Jahreszeit und auf manche folgende Lieder, denn für den musikalischen Einstieg sorgten Franz Schrekers »Die Rosen und der Flieder« sowie Erich Wolfgang Korngolds »Schneeglöckchen«. Darin zeigte sich bereits eine Qualität der Reihe, die neben manchen bekannten Stücken einige kleine Entdeckungen bietet – solche Texte hört man selbst in Liederabendreihen selten! Harmonisch modern bis extravagant waren beide, mit Schreker boten Jakub Malatinec und Robin Gaede Innigkeit, während Erich Wolfgang Korngold bereits einen opernhaften Gestus klingen ließ – harmonisch offener, freier – und das tragische Ende nonchalant einflocht.
Nach den Worten Joseph von Eichendorfs (»Und der Frühling, den sie weckten, | Rauschet über ihrem Grab.«) wirkte Ludwig van Beethovens zehnte Klaviersonate erfrischend heiter. Vor allem das Andante, dem ein wenig ein humoristischer Charakter innewohnt, gelang Robin Gaede – noch vor dem eigentlichen Scherzo – pointiert.
Vor Johannes Brahms‘ »Feldeinsamkeit« durfte noch einmal Hugo von Hofmannsthal das Feld bereiten und auf das Thema verweisen. Mit »Im Grünen zu singen« war die Einsamkeit für einen Moment verscheucht, durften die Liebenden zueinanderfinden. Wirklich entzweit sind sie bei Brahms und Hermann Allmers letztlich nicht – sie formulieren einfach einen Moment einsamer Ruhe.
Die Pause mit kleinem Imbiß gibt in Strehlen Gelegenheit, sich auszutauschen, auch das eine kleine »Zutat« der Abende.
An Beethovens Heiterkeit schloß sich Mozart an, dessen Fantasie d-Moll (KV 397) mit düsteren Schubert-Akkorden beginnt, sich aber allmählich befreit, harmonisch und schließlich im Metrum ins fröhliche umschwenkt. Ähnliche Zusammenhänge verdeutlichte Robin Gaede kurz darauf im sechsten der Moments musicaux (Allegro) von Franz Schubert.
Mit Ernst Kreneks »Der neue Amadis« hielt der Abend weiteres Kleinod bereit, wobei das Lied schon balladeske Züge in sich trägt. In der Gestaltung noch freier, expressiver (wie das »Geschoß«, das auch tonal aus dem Text heraussticht) verbanden sich hier spannungsvoller Verlauf der Stimmung und die Konturen der Erzählung.
Nach manch tragischer Wendung und Einsamkeit durften – in direkter Folge zum Moment musical – Schuberts »Du bist die Ruh« nach Friedrich Rückert den offiziellen Teil beschließen. Für ihre Zugabe wählten Robin Gaede und Jakub Malatinec standesgemäß ein Wienerlied: »Wien, Wien, nur du allein«.
30. Juli 2025, Wolfram Quellmalz
Den nächsten Abend der Reihe »Neues und Altes Testament« gibt es am 26. August (Eintritt frei, Spenden erbeten, Programm wird noch bekanntgegeben).