Sonniger Ausblick

Moritzburg Festival mit Besucherrekord beendet

Eine Auslastung von 97 Prozent und 7300 Besucher der 20 Konzerte konnte das Moritzburg Festival (MBF) am Sonntag stolz vermelden, bevor es mit dem traditionellen Abschluß in der Evangelischen Kirche in den letzten Akt ging. Einen nicht unwesentlichen Anteil dürfte das Akademiekonzert »Landpartie« am Sonnabend im Kulturpalast gehabt haben, das schon im Vorverkauf über 1000 Käufer gewonnen hatte, so daß sogar der zweite Rang geöffnet werden mußte.

Äußerlich war der Ausklang in der lichtdurchfluteten, blumengeschmückten Kirche ein sonniger, er begann aber mit einer kleinen Schrecksekunde. Weil sich ein Musiker unwohl fühlte, wurden die Bagatellen Opus 47 von Antonín Dvořák im Programm vorgezogen. Dabei gab es ein Wiedersehen bzw. -hören mit Tobias Teumer, der allerdings nicht zur Kronberg Academy gehört, zu der das MBF einen guten Kontakt pflegt, sondern praktizierender Geschäftsführer des MBF ist und vor Jahren bereits schon einmal in den Stücken am Harmonium zu erleben war. Allerdings soll er, wie Kenner bestätigen, »auf der Taste« weit mehr können als nur diese Bagatellen, also kein »One-Hit-Wonder«. Gemeinsam mit Fiona Khuong-Huu und Mira Wang (Violinen) sowie Guy Johnston (Violoncello) wob das Harmonium Dvořáks balsamische Wohlfühlatmosphäre (erste und dritte Bagatelle), wozu Fiona Khuong-Huu einen feinen Violingesang spendierte. Mit seinem öffnenden Charakter war das erste Stück ohnehin als Ouvertüre recht geeignet. In der zweiten Bagatelle trat das Harmonium deutlicher hervor, erinnerte ein wenig an Akkordeon bzw. Schifferklavier und weckte Sehnsüchte nach der Weite. Mit am »rundesten« gelang die vierte, Canon genannte Bagatelle, bevor das Schlußstück mit leichten Aufgalopp und flottem Spaziergang bereits die Luft anzufächern und das Mendelssohn’sche Flimmern anzukündigen schien.

Fiona Khuong-Huu, Mira Wang, Tobias Teumer und Guy Johnston, Photo: Moritzburg Festival, © Oliver Killig

Doch zunächst wurde das ursprünglich an erster Stelle vorgesehene Streichoktett B-Dur von Max Bruchs Streichoktett B-Dur nachgeholt. Kevin Zhu, Hina Khuong-Huu, die kurzfristigst eingesprungene Mira Wang und Karen Gomyo (Violinen), Lars Anders Tomter, Ulrich Eichenauer und Andreas Brantelid (Violoncelli) sowie Janne Saksala (Kontrabaß) offenbarten darin manche Parallelität zu Mendelssohns Opus 20, etwa die Aufwärtsbewegung zu Beginn, die Bruch freilich »von hinten«, also vom Kontrabaß aus, anfängt – Mendelssohns Finale läuft genau andersherum.

Ohne eigentliches Scherzo entwickelte Bruchs Unikat eine berückende Atmosphäre, nicht zuletzt, weil der solistisch immer wieder beflügelte Kevin Zhu wunderbar zu jubilieren wußte, sich aber stets wieder einfangen ließ – Oktett bleibt Oktett, auch hier wurde kein Konzertstück daraus. Im zweiten, dunkel beginnenden Satz (so ein Quartett der tiefen Stimmen gab es später bei Mendelssohn noch einmal) entstand eine dichte Stimmung mit Schicksalsmotiven. Violoncelli und Violen bildeten eine sichere Mitte in der harmonischen Geschlossenheit, bevor das Allegro molto im Finale vom Tremolo des Kontrabasses als Keimzelle befeuert wurde.

Abschlußbild: Musiker und Organisatoren, Photo: Moritzburg Festival, © Oliver Killig

Das war gleichzeitig der Ausblick auf das traditionelle Schlußstück, das sich nun nicht weiter hinauszögern ließ. Felix Mendelssohns Streichoktett Es-Dur, ein Jugendwerk, offenbarte mit Fiona Karen Gomyo, Fiona Khuong-Huu, Hina Khuong-Huu und Andrea Cicalese (Violinen), Ulrich Eichenauer und Lars Anders Tomter sowie Jan Vogler und Andreas Brantelid (Violoncelli) gerade im Scherzo eine Verwandtschaft zur Schauspielmusik des »Sommernachttraums«.

Freuen auf das nächste Jahr: Publikum in der Moritzburger Kirche, Photo: Moritzburg Festival, © Oliver Killig

Das Allegro moderato ma con fuoco begann mit aufsteigendem Motiv (aber in den Violinen) – viele mögen den MBF-Abschied so tief »im Ohr« haben, daß er unwillkürlich auftaucht, wenn Mendelssohns Opus 20 an anderer Stelle erklingt. Gelungen war auch das Gegenüber der gesanglichen, führenden Violine von Karen Gomyo und dem Duo der Violoncelli. Allerdings stellten gerade die beiden Ecksätze mit ihrer übermäßigen Verve dem wohlgefälligen Dvořák ein gewisses Unwohlsein gegenüber. Mögen sich manche oder viele von solchem Temperament mitreißen lassen, was es doch – selbst im Überschwang des Gefechts bzw. Abschiedes – mehr als zu laut.

24. August 2025, Wolfram Quellmalz

Das Moritzburg Festival 2016 findet vom 7. bis 23. August statt.

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